eine gesamtgenealogie der griechisch-mediterranen mythologie
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adonis
ADONIS „Schön wie ein Adonis“. „Der lebende Frühling“, verkörpert durch einen wunderschönen Jüngling, ein Gott der sterbenden und wieder erwachenden Vegetation. Ein griechischer Heros mit angenommenem vorderasiatischem, sicher aber sehr weit gestreutem Ursprung. Dementsprechend wird er auch als Sohn verschiedenster Eltern gedacht: - Sohn des Phoinix und der Alphesiboia, - des Agenor, - des Theias und der Aoa, - des Theias und seiner Tochter Smyrna, - des Kinyras und seiner Tochter Smyrna oder Myrrha, - des Kinyras und seiner Gattin Metarme - und des Astynoos, eines Enkels des Kephalos 2. Nach Prob. Vergilius eclogae 10,18 ist Adonis ein Sohn des Zeus. Er hatte im griechischen und nichtgriechischen Raum eine Vielzahl von Parallelgestalten. Der Name dürfte sich vom semitisch-phönizischen ádon (= Herr) ableiten. Sein Hauptheiligtum hatte er in Byblos. Der Adonis-Mythos ist verhältnismäßig jung und rein griechisch …… Die Entstehung des Adonis erzählte Ovid und machte ihn dadurch weltberühmt; freie Nacherzählung: Myrrha, auch Smyrna genannt, war die überaus schöne Tochter der Kenchreis und des Kinyras. Die Mutter prahlte, dass ihre Tochter schöner sei als Aphrodite. Man erzählt auch, Myrrha habe alle Männer abgewiesen und sich geweigert der Göttin der Liebe zu dienen. Aphrodite bestrafte die Schöne mit sündiger, verwerflicher Liebe zu ihrem Vater. Mit „Graunvoll, was ich nun singe. Bleibt fern ihr Töchter, ihr Väter !“ beginnt Ovid seine Erzählung. „Daß sein Pfeil dich verletzt, o Myrrha, leugnet Cupido Selbst, und frei erklärt er von dieser Schuld seine Fackel. Dich hat mit stygischem Brand, mit geblähtem Viperngezücht der Furien eine behaucht. Ein Verbrechen, den Vater zu hassen ! – SO ihn zu lieben, größer Verbrechen als Haß !....“. Myrrha ist im heiratsfähigen Alter und ihr Vater stellt ihr die „würdige Menge der Freier“ vor. Sie will keinen. „............Er fragt sie, von welcher Art ihr Gatte sollt´ sein. `Dir ähnlich!` gibt sie zur Antwort. Und er lobt das nicht verstandene Wort: `Sei du immer`, Spricht er, `so kindlich fromm !`....... Myrrha erkennt aber ihre sündige Liebe, ihre aufwühlende Fleischeslust – „.......Doch Myrrha, verzehrt von unbändigen Gluten, Wacht und weckt sich stets auf neu ihr rasend Verlangen. Bald wirft sie ihr Hoffen, bald will sie es wieder versuchen, Schämt sich und wünscht zugleich, weiß nicht, was sie tu´. .....“ – verzweifelt und sucht als Erlösung – „Tod beschließt sie, erhebt sich, gewillt mit dem Strange sich die Kehle Zuzuschnüren, befestigt am höchsten Balken den Gürtel: `Cinyras, teurer leb´ wohl, erkenne den Grund meines Todes !` Ruft sie und paßt die Schlinge schon an dem erblassenden Halse.“. Ihre treue Amme betritt den Raum, hebt die Verzweifelte vom Strang, sich selbst auf den Schoß, umarmt sie und versucht sie zu trösten. Weinend bittet die alte Frau: „0 rede ! Mich laß Hilfe dir bringen ! ......“. Myrrha, weint, „überströmt mit Tränen der Alten Brust“, und offenbart nach langem Zögern der Amme ihr grauenvolles Verlangen. „.............. Da fuhr der Amme der kalte Schauder – denn sie begriff – in Mark und Bein. Auf dem ganzen Scheitel starrt das gebleichte Grau ihrer Haare zu Berge.“ Sie hatte Myrrha Hilfe versprochen, wenn sie den Grund ihrer Tat nenne. Nun musste sie helfen. Beim jährlichen Fest der Ceres war es den Ehefrauen neun Nächte lang verboten ihre Männer zu berühren. Die Männer feierten mit Weingenuss. Die Amme fand den betrunkenen König „in üblem Eifer“ und erzählte ihm, dass eine schöne junge Frau ihn heftig liebe und mit ihm das Nachtlager teilen möchte. Kinyras willigte ein, im Dunkel der Nacht wolle er sie empfangen. „.......... Schon berührt sie die Schwelle der Kammer, Öffnet schon die Tür, wird schon hineingeführt, da erzittert Plötzlich und bebt ihr der Kniee Gelenk, das Blut und die Farbe Flieht ihre Wangen, es sinkt ihr der Mut, noch weiter zu gehn, je Mehr ihrem Frevel sie naht, desto stärker graut ihr; es reut sie, Was sie wagt, und sie möchte noch unerkannt können entweichen. Da sie noch zögert, zieht das Weib an der Hand sie hinein, es Führt sie zum hohen Bette und spricht: `O Cinyras, nimm du Hier, was dein ist`, und gibt die verfluchten Leiber zusammen. ..............Schwanger vom Vater verläßt sie die Kammer, trägt im verfluchten Schoß den unseligen Samen, die Last des empfangenen Frevels. Und die folgende Nacht wiederholt – nicht als letzte – den Greuel.“ Kinyras möchte seine Geliebte einmal sehen. Er holt Licht – „......................................... – und seine Tochter Und das Verbrechen erkennt. Da der Schmerz ihm, Worte zu reden Wehrt, entriß er das blinkende Schwert der hangenden Scheide. Myrrha flieht und entrinnt, begünstigt vom Dunkel der finstern Nacht dem jähen Tod. Sie durchschweift die weiten Gefilde, Ließ die panchaeische Flur und Arabiens Palmen im Rücken.“ Myrrha bereut ihr abscheuliches Verhalten zutiefst. Nach neun Monaten des Herumirrens, die Stunde der Entbindung naht, fleht sie die Götter um Vergebung an: „............. O Götter, wenn jemals, dem der bekennt, das Ohr ihr geliehen: ich hab´ es verdient und versage der schwersten Strafe mich nicht; doch damit ich nicht die Lebenden lebend Kränke, die Toten tot, vertreibt mich aus beider Bereichen, Wandelt meine Gestalt und versagt so Leben wie Tod mir.“ Die Götter erhörten die Bekennende und verwandelten sie in einen Baum. Die Frucht im Leibe aber wuchs und wollte geboren werden. Myrrha konnte Lucina, die Göttin der Entbindung nicht rufen – „Doch einer Kreißenden gleich sich krümmend ächzte und stöhnte Oftmals der Baum und ward von fallenden Tränen gefeuchtet. Siehe ! Die milde Lucina, sie tritt zu den leidenden Zweigen, Legt an den Stamm ihre Hände und spricht die entbindenden Worte. Risse treibt der Baum und gibt aus dem Spalt seiner Rinde Los seine lebende Last; ein Knabe wird frei, .......“. A D O N I S W A R G E B O R E N !! „Loben musste der Neid seine Schönheit.“ Die Nymphen nahmen ihn in Empfang und salbten ihn mit den Tränen seiner Mutter. „Neulich geboren erst, noch eben das schönste der Kinder, Jetzt schon ein Jüngling, ein Mann, übertrifft schon an Schönheit sich selbst, wird Schon von Venus geliebt und rächt die Leiden der Mutter.“ „Denn als der Knabe, der köcherbewehrte (Eros), die Mutter einst küßte, da streifte ein Pfeil, der hervorstand, versehentlich ihr die Brust, ......“ – und Aphrodite verliebte sich leidenschaftlich in Adonis, genau so leidenschaftlich, wie Myrrha sich in ihren Vater verliebte, als Aphrodite sie bestrafte. Auch Adonis liebt die Göttin der Liebe, aber er liebte Persephone ebenfalls und mehr als Beide zusammen liebte er die Jagd. Das war die Rache des Adonis für das Schicksal seiner Mutter. (Textausschnitte aus dtv-Verlag, Ovid, Metamorphosen, Übersetzer Erich Rösch) Eine abweichende, bzw. ergänzende Erzählung: Kaum war Adonis geboren, da verliebte sich Aphrodite, die Göttin der Liebe, in den schönen Knaben, nahm ihn zu sich, legte ihn in ein verschlossenes Kistchen und brachte ihn zu Persephone in die Unterwelt zur Verwahrung. Persephone öffnete trotz des Verbotes der Aphrodite das Kistchen, sah das wunderschöne Kind und verliebte sich ebenfalls in den süßen Kleinen. Nach einiger Zeit wollte Aphrodite den herangewachsenen wunderhübschen Jüngling für sich zurück auf die Erde nahmen, aber Persephone, heiß verliebt, weigerte sich ihn herzugeben. Wütend flog die Liebesgöttin zu Zeus auf den Olymp und trug ihm den Streit vor. Zeus entschied: Adonis hatte ein Drittel des Jahres mit Aphrodite zu verbringen, ein Drittel mit Persephone und das dritte Drittel hatte er frei. HYPERLINK "http://berkshirereview.net/wp-content/uploads/2009/05/bemf_venus_adonis.jpg" INCLUDEPICTURE "http://berkshirereview.net/wp-content/uploads/2009/05/bemf_venus_adonis.jpg" \* MERGEFORMATINET Venus and Adonis, a Masque by John Blow (1649-1710) Amanda Forsythe and Tyler Duncan in John Blow's Venus and Adonis, Photo David Walker Obwohl er diese „Freizeit“ freiwillig sehr oft mit Aphrodite verbrachte, liebte er die Jagd mehr als die Liebe zur der ihn anbetenden Göttin und rächte sich damit für das Elend, das Aphrodite seiner Mutter Myrrha / Smyrna angetan hatte. INCLUDEPICTURE "http://www.gemaelde-webkatalog.de/bilddaten/std2/paul-peter-rubens-venus-und-adonis-08729.jpg" \* MERGEFORMATINET Peter Paul Rubens - Venus und Adonis Adonis wurde, obwohl Aphrodite ihn ständig warnte, auf der Jagd, verursacht durch die erzürnte und vielleicht auch eifersüchtige Artemis, von einem Eber tödlich verletzt; Apollodor 3,182ff. Die Göttliche war untröstlich und ließ aus seinen in den Boden versickernden Blutstropfen die vielblütige Anemone wachsen; Ovid met.10,710ff: „Siehe, der sicheren Spur nachgehend, verscheuchten die Hunde Aus dem Versteck ein Schwein, und als es den Wald zu verlassen Trachtete, traf es mit schrägem Geschoß des Cinyras Sprößling. Aber der Eber verdrängt mit gebogenem Rüssel den Jagdspieß, Welchen gefärbt sein Blut, und dem Jüngling, wie er mit Zittern Schutz sucht, rennet er nach voll Grimm und stößt ihm die Hauer Tief in die Weichen und streckt in den Sand ihn, tödlich getroffen. Noch nicht hatte, die Luft durchfahrend auf schwebendem Wagen, Cyprus erreicht mit dem Fluge der Schwäne die Göttin Kytheras, Als sie von weitem erkennt des Verscheidenden Ächzen und dorthin Lenkt ihr weißes Gespann, und wie von der Höhe des Äthers Nun sie den Sterbenden sah sich wälzen im eigenen Blute, Sprang sie herab und zerriß das Gewand und zerraufte das Haupthaar, Schlug im Jammer die Brust, nicht schonend die zärtlichen Hände, Haderte mit dem Geschick und sprach dann: 'Aber es fällt dir Doch nicht alles anheim. Stets soll, Adonis, ein Denkmal Unserer Trauer bestehn: dein Tod soll, jährlich erneuet, Wieder erscheinen im Bild mit dem Gleichnis unserer Klage. Blume jedoch soll werden das Blut. War etwa gestattet, Weiblichen Leib vormals in duftende Minze zu wandeln, Dir, Persephone, nur? Uns sollte verargen die Mißgunst, Wenn wir Cinyras' Sproß auch wandelten?' Als sie geredet, Sprengte sie unter das Blut wohlriechenden Nektar, und schwellend Stieg es, von diesem berührt, nach Art durchsichtiger Blasen, Die beim Regen entstehn. Nicht länger wohl als eine Stunde Hatt es gewährt, da wuchs aus dem Blut gleichfarbige Blume, So wie die punische Frucht sie trägt, die unter der zähen Schale die Kerne verschließt. Doch kurz nur ist ihr Bestehen; Denn weil lose sie hängt, zu schwach durch Mangel an Schwere, Wird sie vom Winde verweht, davon sie erhalten den Namen.“ [Ovid: Verwandlungen (Metamorphoses). Dichtung der Antike von Homer bis Nonnos, S. 12940 (vgl. Ovid-W Bd. 1, S. 258 ff.) (c) Aufbau-Verlag]. Nach Bion 1,72 soll die Rose aus dem Blut des Adonis entstanden sein, die Anemone sei aus den Tränen der Aphrodite entstanden. ...... Es ist verständlich, dass in dichterischen Phantasien und erotischen Träumen dieser „göttlich schönen Jüngling“ von beiden Geschlechtern umworben wurde und Zärtlichkeiten genoss; der Komiker Platon machte ihn zum Lustknaben des Dionysos, nach anderen war er ein Liebling des Herakles. In späterer Zeit wurde die Beroe-Sage erfunden; Adonis und Aphrodite sollen eine Tochter Beroe 4 gehabt haben in die sich Poseidon und Dionysos heftig verliebten. Nonnos beschreibt in seiner Dionysiaka 41 – 43 das Liebeswerben und den Kampf der beiden um die heiß Geliebte. Zeus beendet den Kampf und bestimmt Boroe für seinen Bruder Poseidon. Auch als Vater des Golgos und des Priapos wird er genannt. Bei seiner Verehrung stand die Fruchtbarkeitssymbolik im Vordergrund. Die meist weibliche Verehrerschar huldigte dem ‚unsterblich schönen‘ Toten mit Tanz, Flötenspiel, Haaropfer und z. T. mit sakraler Prostitution. Noch heute gibt es in Italien die Adonisgärtlein; kleine, schnell verblühende Blumen werden dort von Frauen gesät. ….. Vom Beginn der bildenden Kunst bis heute sind Künstler der Anziehung des „Lebenden Frühlings“, sichtbar gemacht in der Schönheit des Körpers des Adonis, verfallen. W. Shakespeare, Venus und Adonis, 1592 P. B. Shelley, Adonis, Elegie auf den Tod von Jean Keats, 1821 H. W. Henze, Venus und Adonis, Oper, 1997 …………………………… Bion von Smyrna (Ende 2. Jh.v. Chr.)(In der Übersetzung von Friedrich Notter)Klage um Adonis Weh um Adonis: »Verstorben ist der schöne Adonis!« Weh um den schönen Adonis rufen voll Schmerz die Eroten. Schlafe nicht länger, Kypris, in deinen purpurnen Decken! Auf, Unglückliche, schlag dir, in düstrem Gewande, die Brüste, sage es allen: »Verstorben ist der schöne Adonis!« Weh um Adonis; laut klingt der schmerzliche Ruf der Eroten. Hoch in den Bergen liegt der schöne Adonis, vom weißen Hauer des Ebers am schwellenden Schenkel zerrissen, verhaucht sein Leben zum Kummer der Kypris. Von den erkaltenden Gliedern sickert das Blut, die Augen erstarren unter den Brauen, von den Lippen entweicht die Röte, die Küsse auch sterben, die auf die Lippen sich preßten; nie mehr wird Kypris sie pflücken. Freude bereitet der Kypris zwar auch ein Kuß auf den Toten, aber Adonis verspürt nicht mehr, daß die Göttin ihn küßte. Weh um Adonis; laut klingt der schmerzliche Ruf der Eroten. Grausam, grausam wurde Adonis am Schenkel verwundet, doch Kythereia empfing die schwerere Wunde im Herzen. Anhänglich winseln rings um den toten Jüngling die Hunde, auch die Nymphen der Berge beweinen ihn. Doch Aphrodite löste die Locken und irrt durch den Hochwald, vom Kummer gepeinigt, barfuß, die Haare zerzaust; das Dornendickicht zerfleischt sie während des Laufes und läßt die heiligen Blutstropfen rinnen. Bitterlich weinend durchstreift sie die weit sich dehnenden Schluchten, schreit um das Los des assyrischen Gatten und ruft den Geliebten. Aber den Toten benetzt schon das dunkle Blut bis zum Nabel, dringt bis zum Oberleib jetzt, tiefrot, aus dem Schenkel, und nunmehr färbt sich die ehemals helle Brust des Adonis mit Purpur. »Weh, Kythereia!« erklingt der schmerzliche Ruf der Eroten. Mit dem stattlichen Mann erstarb ihr die göttliche Schönheit. Stattlich und schön war Kypris, solange Adonis noch lebte; nun er gestorben, starb auch die Schönheit. »Wehe um Kypris!« rufen die Berge alle und »Ach, Adonis!« die Eichen, innig beklagen die Flüsse das Leid Aphrodites, den Quellen hoch im Gebirge entströmen um Adonis die Tränen, Blumen erröten im Banne des Schmerzes, und Aphrodite singt überall ihr klägliches Lied in den waldigen Tälern: »Weh, Kythereia, verstorben ist der schöne Adonis!« Fern widerhallte das Echo: «. . . verstorben der schöne Adonis!« Wer betrauerte nicht die bittere Liebe der Kypris? Als Aphrodite die tödliche Wunde des Jünglings erkannte, als sie das düstere Blut am zerfleischten Schenkel gewahrte, breitete sie die Arme und jammerte: »Bleib doch, Adonis, bleibe, du Armer, ich will dich zum letzten Male berühren, will dich umschlingen und meine Lippen mit deinen verschmelzen. Wache ein Weilchen nur auf, noch einmal küsse mich, bitte, küß mich solange, wie sich der Kuß am Leben behauptet, bis in den Mund mir, zutiefst ins Herz, von der Seele dein Atem strömt und ich deinen bezaubernden, süßen Liebeshauch schlürfe, auskoste all dein Sehnen. Ich möchte den Kuß mir bewahren wie dich selber, Adonis; denn du entgleitest mir, Armer, weit in die Ferne, Adonis, gelangst zum Acheronstrome und zum verhaßten, grausamen Herrscher. Ich Elende aber lebe und bin zwar Göttin, doch kann dich nicht wiedererlangen. Nimm, Persephone, meinen Gatten, denn ohnehin bist du stärker als ich: Dir fällt ja jegliches Schöne zur Beute. Völlig geschlagen bin ich vom Unglück, ich gräme mich endlos, weine um meinen toten Adonis und fürchte dich, Kore. Innig Ersehnter, du starbst, und mein Sehnen entschwand wie ein Traumbild. Kypris verwitwet, daheim die Eroten zum Nichtstun verurteilt! Fort mein gestickter Gürtel mit dir! Was mußt du auch jagen, Tollkopf? Bei deiner Schönheit so sinnlos mit Ebern dich messen?« Derart jammerte Kypris. Es klagten dazu die Eroten: »Weh, Kythereia! Verstorben ist der schöne Adonis!« Tränen vergießt die paphische Göttin so stark, wie Adonis Blut verströmt; auf dem Boden verwandelt das Naß sich zu Blumen. Rosen erzeugt das Blut, Anemonen entsprießen den Tränen. Weh um Adonis, verstorben ist der schöne Adonis! Weine nicht länger im Walde, Kypris, um deinen Geliebten! Eine Laubschütte, tief in der Wildnis, gebührt nicht Adonis. Nein, Kythereia, der tote Adonis erhalte dein Lager; auch noch im Tode wirkt er lieblich, als wenn er nur schliefe! Bette ihn auf die gewohnten weichen Decken, in denen nachts er, an deiner Seite, auf goldenem Bett den geweihten Schlummer genoß: Das Lager vermißt auch den toten Adonis! Schmücke den Leib mit Kränzen und Blumen: Mögen die Blüten, so wie er selber verstarb, mit ihm auch alle verwelken! Salb ihn mit syrischem Öle, salb ihn mit köstlichem Balsam! Fort mit jeglichem Balsam - der deine versiegte, Adonis! Aufgebahrt liegt der schöne Adonis auf purpurnen Decken. Weinend und stöhnend umringen ihn die Eroten, die Haare haben sie sich für Adonis geschoren. Teils richteten ihren Groll sie gegen die Pfeile, den Bogen, den Köcher des Toten; einer löste Adonis die Schuhe, andere bringen Wasser in goldener Schüssel, jener reinigt die Glieder, dieser umfächelt mit seinen Schwingen Adonis von hinten. »Weh, Kythereia!« erklingt der schmerzliche Ruf der Eroten. Über dem Türpfosten ließ Hymenaios die Fackel erlöschen, riß auch den Hochzeitskranz in Stücke und sang nicht allein mehr »Hymen, oh, Hymenaios!«, nein, stimmte dazwischen ein »Wehe, weh um Adonis!« lauter noch an als den Ruf »Hymenaios«. Auch die Chariten beweinen den Sohn des Kinyras, sie rufen jammernd einander zu: »Es verstarb der schöne Adonis!« Schmerzlicher noch als du, Dione, schreien sie »Wehe!« Und die Moiren beklagen sogar Adonis im Hades, rufen beschwörend zurück ihn; doch folgt er nicht ihrem Gesange. Nicht, als verschmähe er sie, nein, Kore hält ihn in Banden. Heut, Kythereia, weine nicht länger, beende dein Klagen: Mußt du im kommenden Jahr aufs neue doch jammern und schluchzen! [Bion: [Lyrik]. Dichtung der Antike von Homer bis Nonnos, S. 2808 (vgl. Griech. Lyrik, S. 404 ff.) (c) Aufbau-Verlag] …………. Bion von Smyrna (Ende 2. Jh.v. Chr.)(In der Übersetzung von Friedrich Notter)Todesfeier für AdonisKlage, Gesang, um Adonis, dahin ist der schöne Adonis!Hin ist der schöne Adonis, mitklagen um ihn die Eroten.Nimmer im purpurnem Kleid, o Kypria, schlummere fürder;Wach', in schwarzem Gewand, Unselige, schlage den Busen,Allen verkündend: dahin ist der schöne Adonis gegangen!Klage, Gesang, um Adonis, mitklagen um ihn die Eroten.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .Da liegt auf dem Gebirge Adonis, vom Zahn in den Schenkel,Schwer in den Schenkel getroffen, den weißen, vom Zahne, und ängstetLeise veratmend die Kypris, und schwarz an dem schneeigen LeibeTräufelt ein Blutstrom, starr ward unter den Wimpern das AugeUnd von den Lippen entfliehet die Rose, es stirbt um die bleichenSelber der Kuß, dem nimmer und nimmer entsaget Kythere.Ihr ist der Kuß noch süße des nicht mehr lebenden Mundes.Doch nicht weiß es Adonis, daß noch im Tod sie ihn küßte.Klage, Gesang, um Adonis, mitklagen um ihn die Eroten!Grausig, o grausig verwundet bist du an dem Schenkel, Adonis,Aber die stärkere Wunde hat tief im Herzen Kythere.Laut um jenen erheben die Hunde, die treuen, Gewinsel,Nymphen, der Berge Geschlecht, umweinen ihn, doch Aphrodite,Offen der Locken Gewind', durchirret das Dunkel der Eichen,Jammer-erfüllt, unverschleiert, mit nackender Sohle; die DornenRitzen der Wandelnden Fuß und saugen vom heiligen Blute,Aber sie stürzt laut klagend dahin durch breitende Thäler,Ruft den assyrischen Gatten und nennt ihn wieder und wieder.Weh dir, weh Kythereia, mitklagen um dich die Eroten!. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .Während das dunkele Blut zum Nabel empor ihn umsprudelt,Rötend die Brust aus dem Schenkel; und d'rüber die Höhen des BusensWerden, bevor wie Schnee, zum Purpur jetzt dem Adonis.Weh dir, weh Kythereia, mitklagen um dich die Eroten!Mit dem Geliebten verlor sie, dem schönen, den heiligen Liebreiz:Schön war Kypris' Gestalt, als noch ihr lebte Adonis,Aber die Schönheit starb mit Adonis der Kypria, weh! weh!Alle Gebirge und Wälder, sie rufen ein Weh um Adonis,Und Aphroditen beweinen, die trauernde, trauernd die Ströme,Thränen vergießen die Quellen auf bergiger Höh' um Adonis,Fahl sind Blumen aus Schmerz, und allwärts durch das Gebirge,Durch die bewaldeten Thäler ertönet der Jammer Kytheres,Echo hallet entgegen: dahin ist der schöne Adonis!Weh dir, weh Kythereia, dahin ist der schöne Adonis!Kyprias traurige Lieb', wer weinete ihr nicht ein Wehe?Als sie geseh'n und erkannt des Adonis' ertötende Wunde,Als sie das purpurne Blut an der welkenden Lende gesehen,Rief sie, die Arme gebreitet, im Schmerz aus: Bleibe, Adonis!Bleib', du armer Adonis, daß einmal noch ich dich fasse,Daß ich um dich mich schmiege, und Lippe der Lippe vereine.Nur auf ein Weilchen erwache, Adonis, zum letzen der Küsse;So lang' küsse mich fort, als Leben noch ist in dem Kusse,Bis aus der Seele herauf in den Mund mir und in den BusenFließt dein Odem und so ich, schlürfend den süßen Bezaub'rer,Ganz austrinke die Lieb': den Kuß will ich bewahren,Als wär' selbst es Adonis, da du, Unsel'ger, mich fliehest.Weithin fliehst du, Adonis; du wirst zum Acheron kommenUnd zu dem schrecklichen König, dem grausamen, aber ich ArmeLeb', und Göttin bin ich und kann dir hinunter nicht folgen.Nimm denn, Persephone, mir den Gemahl! weit mächtiger bist duJa, denn ich selbst, und darnieder zu dir fließt alles, was schön ist!Unglückselig bin ich und satt wird nimmer mein Jammer:Weinen den toten Adonis und dann vor dir noch zu beben!Dreimalgeliebter, du stirbst, und traumgleich flieht mich die Liebe.Witwe ist nun Kythereia, und müßig im Haus die Eroten.Mit dir hin ist der Gürtel. Warum auch jagen, Verweg'ner?Schönheit, woher dein Wahn, im Kampf zu begegnen dem Raubtier?Also jammerte Kypris, und mit ihr klagten Eroten:Weh dir, weh Kythereia, dahin ist der schöne Adonis!Thränen vergießet so viele die Papherin als von AdonisBlut fließt: beiderlei Strom wird schnell auf der Erde zu Blumen;Rosen gebieret das Blut und die Thräne gebiert Anemonen.Doch nicht im Dunkel der Eichen, o Kypris, klage den Gatten;Schon ist ein schwellendes Bette, ein Pfühl ist bereit dem Adonis:Sieh, dein Lager bedeckt er, Kythere, dein eignes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . tot bist du, Adonis,Auch in dem Tode noch schön, schön bist du im Tode wie schlafend.Leg' auf die weichen Gewand' ihn hin, auf denen er ruhte,Wo ihn mit dir in der Nacht sonst heiliger Schlummer vereinteAuf ganz gold'nem Gestell; das trauernde sucht den Adonis.Wirf auf ihn Kränze und Blumen; mit ihm ist alles gestorben,Wie er selber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . und welk ist jegliche Blüte geworden.Spreng' ihn mit syrischen Ölen, mit Balsam sprenge ihn, Göttin,. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .Hin sei alles, was Balsam! hin ist dein Balsam, Adonis.Hier auf Purpurgewande gestreckt ist der zarte Adonis,Ringsher weinen um ihn aufseufzend die Götter der Liebe,Schneiden für ihn das Gelock': Der tritt die Geschosse zu Boden,Jener den Bogen, und dieser zerbricht den entleereten Köcher;Der hat den Schuh ihm gelöset, noch andere bringen in gold'nemGießfaß Wasser getragen, ein anderer wascht ihm die Hüfte,Und vom Rücken befächelt ihn einer mit seinem Gefieder.Weh dir, Kythereia, mitklagen um dich die Eroten.Ganz hat die Fackel gelöscht auf der Schwelle der Thür' Hymenäos'Und aus einander gestreuet den Kranz der Vermählung: nicht Hymen,Hymen töne nicht mehr, ein Lied nur, Weh, wird gesungen;Weh um Adonis! noch mehr denn um dich, Hymenäos, der Wehruf!So um des Kinyras' Sprößling entfließt auch der Chariten Thräne:Hin ist der schöne Adonis! verkünden sie wechselnd einander.Weh dir, Kythereia, mitklagen um dich die Eroten.Klangvoll endlich noch mehr, weit mehr als du selber, Dione,Heben den klagenden Ruf um Adonis die Musen: AdonisBleib' uns! tönt ihr Gesang, doch er leiht ihnen das Ohr nicht,Nicht, und wollt' er es auch, ihn löset Persephone nimmer.Laß von den Seufzern, Kythere! die Trauer bewältige heute:Wieder der Klage bedarf's in dem kommenden Jahr und der Thränen. (S. 157-160)