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tisiphone 1,2
TISIPHONE / TEISIPHONE 1,2 „Rächerin des Mordes“: 1. Eine der Erinnyen / Furien. Sie war die bekannteste der Rachegöttinnen und hauste in der Unterwelt. Hera, als Behüterin der Ehen, schickte Tisiphone in ihrer Funktion als Furie gegen Athamas 2 und Ino, die Ehebruch begangen hatten. Tisiphone machte beide wahnsinnig; Ovid met. 4,464ff: „Als die Tochter Saturns die alle mit finsterem Auge Hatte geschaut und Ixion zumeist, da blickt sie von diesem Wieder auf Sisyphus hin und spricht: »Warum von den Brüdern Trägt er ewige Pein, und stolz darf Athamas wohnen Im hochherrlichen Haus, der stets mir samt der Gemahlin Hohnsprach?« Und sie erklärt die Gründe des Grolls und des Weges Und ihr Begehr. Sie begehrt, daß stehn nicht bleibe des Kadmos Königshaus und zu Greul den Athamas reißen die Schwestern. Strenges Geheiß und Versprechen zugleich und Bitten vereinend, Regt sie die Göttinnen an. Wie Juno also gesprochen, Schüttelt Tisiphone wirr, wie sie hingen am Haupt, die ergrauten Haare und wirft vom Gesichte zurück vorstrebende Schlangen; Drauf hub also sie an: »Nicht not ist längere Rede: Gleich ist getan, was nur du befiehlst. Von dem freudlosen Reiche Flieh und begib dich zurück zu den Lüften des schöneren Himmels.« Froh kehrt Juno zurück; doch eh in den Himmel sie eintrat, Ward sie vom träufelnden Naß der thaumantischen Iris gereinigt. Aber Tisiphone nimmt die blutdurchdrungene Fackel, Unheilbrütend, und wirft den Mantel sich um, den gerötet Flüssiges Blut, und gürtet den Leib mit gewundener Schlange. Also verläßt sie das Haus. Mit der Schreitenden gehn als Begleiter Trauer und Schrecken und Angst und unstet blickender Irrsinn. Wie auf der Schwelle sie stand, da zitterten, heißt es, die Pfosten An dem äolischen Tor und die Ahornflügel erblaßten; Selbst die Sonne entwich. Bang schauet die Gattin das Schrecknis; Athamas schauet es bang, und sie wollten enteilen dem Hause; Aber die Tür hielt sperrend besetzt die grause Erinys. Jetzo, die Arme gestreckt, die geknotete Schlangen umwinden, Regt sie schüttelnd das Haupt. Laut rascheln, geschüttelt, die Nattern. Teils auf die Schultern gesenkt, teils auch umschlüpfend den Busen, Zischen sie wild und speien ihr Gift und schnellen die Zungen. Zwei der Schlangen darauf entreißt sie der Mitte des Haupthaars, Packt und schleudert sie hin mit der unheilbringenden Rechten. Gleich durchkriecht das Gezücht des Athamas Busen und Inos, Streifend die Haut mit giftigem Hauch; doch Wunden am Leibe Schlagen sie nicht; der Geist nur fühlt die entsetzlichen Stiche. Gräßlichen Trank auch brachte sie mit von flüssigem Gifte, Schaum aus Zerberus' Maul und scheußlichen Geifer Echidnas, Unstet schweifenden Wahn und verblendeten Sinnes Verstörung, Frevel dazu und Wut und Tränen und schreckliche Mordlust, Alles gerieben in eins und gemengt mit frischestem Blute, Dann im Kessel gekocht und gerührt mit grünendem Schierling. Während entsetzt sie stehn, gießt jene den gärenden Gifttrank Beiden hinab in die Brust und empört tief innen den Busen. Drauf in demselbigen Kreis zum öfteren drehend die Fackel, Folgt sie dem Brand stets nach mit schleunig geschwungenem Brande. Ledig des Auftrags und siegreich kehrt sie zurück nun zum öden Reiche des mächtigen Dis und löst die umgürtende Schlange. Aeolus' Sohn alsbald schreit rasend inmitten des Hofes: »Auf, ihr Gefährten, ió! Hier stellt im Walde die Garne! Hier mit doppelter Brut soeben sah ich die Löwin.« Und er verfolgt, als wär es ein Wild, wahnwitzig die Gattin, Reißt vom Busen ihr weg den lächelnden Knaben Learchus, Während die Ärmchen er streckt, und schwingt ihn wie eine Schleuder Zwei-, dreimal in der Luft und zerschmettert am harten Gesteine Grimmig des Kindes Gesicht. Da erst ward rasend die Mutter, Ob nun Schmerz das tat, ob schuld das verbreitete Gift war. Laut heult sie auf und flieht, wahnsinnig, mit fliegenden Haaren. Während auf nackendem Arm sie das Kindlein trägt, Melicertes, Schreit sie: »Bacchus, ió!« Laut lacht beim Namen des Bacchus Juno und spricht: »So möge Gewinn dir bringen der Zögling!« Weit in das Meer hängt über ein Fels; ihn höhlen die Fluten Unten am Fuß, und er schirmt wie ein Dach vor Regen die Wellen. Starr ist das Haupt und ragt mit der Stirn in die offene Meerflut. Dorthin - Kräfte verlieh ihr der Wahnsinn - kletterte Ino, Und in die Fluten hinaus, nicht säumend in ängstlichem Zagen, Stürzte sie sich und die Last. Weiß schäumte die Woge vom Anprall.“ [Ovid: Verwandlungen (Metamorphoses). Dichtung der Antike von Homer bis Nonnos, S. 12657 (vgl. Ovid-W Bd. 1, S. 95 ff.) (c) Aufbau-Verlag] …. Einmal soll sie sich in einen jungen hübschen Mann verliebt haben; in Kithairon 2, der gerade seine Herde auf dem Berg Asterion weidete. Weil er die Grauenhafte aber verschmähte riss sie eine Schlange aus ihren Haaren und warf sie auf ihn. Nach dem zu Tode Gebissenen wurde der Berg Asterion in Kithairon umbenannt – und so heißt er heute noch. …. Als Aineias, dem Auftrag des Geistes seines Vaters folgend, nach der Ankunft in Italien mit der Sibylle von Cumäa in die Unterwelt hinab stieg, traf er im Reich der Schatten die Tisiphone; Aeneis 6,546ff: Jäh überrascht, erblickte Aeneas zur Linken, am Fuße felsiger Schroffen, ein riesiges Bauwerk mit dreifacher Mauer. Ringsum ergoß sich ein reißender Fluß von sausenden Flammen; Felsblöcke wälzte er donnernd, Phlegethon, der Tartaruswildstrom. Vorne erhob sich ein riesiges Tor mit stählernen Säulen; keinerlei Menschengewalt, nicht einmal die Himmelsbewohner sollten es aufbrechen können. Hoch ragte ein eiserner Turmbau; lauernd, in blutrotem Umhang, hockte auf ihm Tisiphone; ohne zu schlafen, bewachte sie, nachts wie bei Tage, den Zugang. Schmerzensgeschrei erscholl aus der Richtung und Klatschen von rohen Schlägen; es klirrte von Eisen, laut rasselten Ketten. Aeneas, jäh von dem Lärmen erschreckt, blieb stehen, er konnte nicht weiter: »Was für Verbrecher leiden hier? Sag es mir, Jungfrau! Und welche Strafen erhalten sie? Was für ein Jammer durchhallt hier die Lüfte?« Darauf begann die Prophetin zu sprechen: »Ruhmreicher Feldherr Trojas, kein Schuldloser darf die Schwelle des Frevels betreten. Hekate hieß mich jedoch die avernischen Haine betreuen, zeigte mir dabei genau die Strafen, die Götter verhängen. Hier regiert Rhadamanthys von Knossos mit äußerster Strenge, macht im Verhör zunichte die Ausreden, zwingt zum Geständnis dessen, was mancher Verbrecher im Leben, froh seiner geschickten, freilich vergeblichen Lügen, nicht sühnte, nein, aufschob zum Tode. Über die Schuldigen schwingt als Rächerin gleich Tisiphone höhnend die Geißel, droht mit den grausigen Schlangen in ihrer Linken und ruft die wilden Schwärme der Schwestern zur Stelle. Dann erst, mit gräßlichem Kreischen der Angeln, weichen die Flügel dieses verwunschenen Tores. Du siehst, wer als Wächter im Vorhof lauert, was für ein Ungetüm dort die Schwelle behütet. Furchtbarer noch liegt drinnen, mit fünfzig schwarzgähnenden Rachen, eine gewaltige Schlange. ….“ [Vergil: Lied vom Helden Aeneas. Dichtung der Antike von Homer bis Nonnos, S. 17770 (vgl. Vergil-W, S. 285 ff.) (c) Aufbau-Verlag] 2. Euripides nennt eine Tisiphone als Tochter der Manto 1 und des Alkmaion 1, Schwester des Amphilochos 2, der sonst als Bruder des Alkmaion 1 erzählt wird. Nach der Eroberung Thebens durch die Epigonoi, wurde Manto 1, die Tochter des Sehers Teiresias, als „Schönstes von der Beute“ dem Apollon in Delphi geweiht und soll, nach Euripides, in dieser Zeit vom noch wahnsinnigen Alkmaion 1 zwei Kinder gehabt haben: Amphilochos 2 und Tisiphone 2. Alkmaion hat die Kinder Kreon 2, dem König von Korinth, zur Erziehung übergeben, doch dessen eifersüchtige Frau verkaufte die schöne Tisiphone. Als Alkmaion einmal eine Dienerin kaufte erhielt er Tisiphone ohne sie zu erkennen. Erst bei einem Besuch bei Kreon 2, er verlangte seine Kinder zurück, erkannte er seine Tochter.