eine gesamtgenealogie der griechisch-mediterranen mythologie
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diomedes 1,2
DIOMEDES 1,2 Diomedes ist ein heroisierter Mensch. Sehr früh schon in Thrakien nachweisbar, zog er, von Sagen umrankt, durch das Land und wurde später kultisch verehrt. Ausgewanderte Aiolier verbreiteten seinen Kult, besonders nach Zypern und Italien. In frühesten Zeiten waren Diomedes 1 und 2 nicht getrennt, für beide sind Menschen- und Pferdeopfer nachgewiesen. …….. 1. Sohn des Ares und der thrakischen Kyrene 2, König der thrakischen Bistonen, Bruder der Abdere. Er war Besitzer von nur Menschenfleisch fressenden Stuten und galt als blutrünstiger Barbar. Durchziehende Fremde fing er und warf sie seinen Stuten vor. Manche Schriftsteller behaupten, dass diese Pferde die gleichen waren, die Glaukos, den Sohn des Sisyphos, gefressen hatten. Zuhause waren sie im Lande des Boreas, des Nordwindes, der mit vielen Stuten Nachkommen gezeugt hat. Sie galten immer als Symbol des Todes. Als siebte Arbeit erhielt Herakles von Eurystheus den Auftrag diese Stuten nach Argos zu bringen. Herakles erschien bei Diomedes, erschlug den Grausamen, und warf ihn den eigenen Pferden zum Fraß vor. Andere erzählen, dass Herakles auf die Weide ging, um die Pferde zu holen. Er musste aber zuerst die Pferdehüter in die Flucht jagen. Diomedes kam mit seinen Leuten den Bewachern zu Hilfe. Herakles schritt ihnen entgegen, gab aber vorher seinem Lustjüngling Abderos die gefährlichen Pferde zur Bewachung. Während Herakles Diomedes erschlug und die Bistoner vertrieb, fraßen die Pferde Abderos. Tief betrübt über den Verlust seines Lieblings kehrte er mit den Pferden nach Mykene zurück. INCLUDEPICTURE "http://remacle.org/bloodwolf/tragediens/seneque/Diomede.jpg" \* MERGEFORMATINET 2. König von Argos, Sohn des Tydeus und der Deiphyle, Gatte der kurzzeitig keuschen Aigialeia (seiner Tante), der Tochter des Adrastos 1 A; Homer Ilias 5,410ff: „Doch den Tydiden hetzte auf dich die Göttin Athene. Töricht verfährt Diomedes, er will nicht wissen, daß einer, der als Mensch mit Unsterblichen kämpft, nicht lange mehr aushält, niemals die Kinder, sein Knie umschmeichelnd, ihn Väterchen rufen nach der glücklichen Heimkehr aus Krieg und furchtbarer Feldschlacht! Deshalb hüte er sich, trotz seiner riesigen Stärke, einem, der dich an Kraft übertrifft, im Kampf zu begegnen. Aigialeia, des Königs Adrastos verständige Tochter, soll nicht durch ewiges Jammern den Schlaf der Genossen des Hauses stören, wenn sie sich sehnt nach dem Mann, dem tapfersten Griechen, sie, die tüchtige Gattin des rossetummelnden Helden.« [Homer: Ilias. Dichtung der Antike von Homer bis Nonnos, S. 4763 (vgl. Homer-W Bd. 1, S. 89-90) (c) Aufbau-Verlag]….. ….. Dass Diomedes ein vorhomerischer Heros ist beweist die Erwähnung seines Vaters Tydeus in der Ilias 4,364ff: „Damit ließ er sie dort zurück und ging zu den andern. Hier traf er Diomedes, den mutigen Sprößling des Tydeus. Dieser stand auf dem festen Wagen, dem rossebespannten, Sthenelos weilte an seiner Seite, der Sohn des Kapaneus. Bei dem Anblick begann Agamemnon, der Feldherr, zu schelten, und er sagte zu ihm die flugs enteilenden Worte: »Wehe mir, Sohn des tapferen, rossetummelnden Tydeus, warum drückst du dich, hältst Ausschau nach Lücken im Kampfe? Freilich, Tydeus pflegte sich niemals derart zu drücken, nein, weit vor den Gefährten gegen die Feinde zu streiten! Das bezeugt, wer im Kampfe ihn sah. Ich selber war niemals dabei zugegen. Doch übertraf er, heißt es, die andern. Einmal betrat er, nicht feindlich, sondern als Gastfreund, Mykene, mit Polyneikes, dem göttlichen Helden; sie stellten ein Heer auf. Gegen Thebens heilige Mauern wollten sie ziehen und erbaten sich dringend edle Genossen zum Streite. Die Gebetenen waren bereit, dem Wunsch zu willfahren, aber Zeus vereitelte es durch drohende Zeichen. Nach dem Aufbruch zogen sie ihres Weges und kamen an den schilfbestandenen, rasenreichen Asopos. Dort entsandten die Griechen den Tydeus als Boten. Er legte seinen Weg zurück und traf zahlreiche Kadmeier, die im Hause des Eteokles, des Mächtigen, schmausten. Keine Furcht beschlich den Rossebändiger Tydeus, war er auch fremd und allein im Kreise der vielen Kadmeier, sondern forderte sie zu Wettkämpfen auf und errang in allen den Sieg sehr leicht; so wirksam half ihm Athene. Zorn ergriff die Kadmeier, die Tummler der Rosse; und eine starke Abteilung ließen sie auflauern ihm auf dem Rückweg, fünfzig jüngere Leute; es führten zwei Männer die Rotte, Maion, Haimons Sohn, den Unsterblichen gleichend, dazu der Sohn des Autophonos, der standhafte Held Polyphontes. Tydeus aber brachte auch ihnen Schmach und Verderben. Alle erschlug er, nur einen ließ er nach Hause entkommen. Maion verschonte er, warnenden Zeichen der Götter gehorsam. So war Tydeus im Kampf, der Aitoler. Sein Sprößling indessen zeigt sich schwächer im Streit, übertrifft ihn freilich an Worten.« So sprach er, ihm entgegnete nichts der Held Diomedes, beugte sich ehrfurchtsvoll dem Vorwurf des achtbaren Feldherrn. Doch der Sohn des berühmten Kapaneus gab ihm zur Antwort: »Lüge nicht, Sohn des Atreus - weißt es doch wahr zu berichten! Wir sind tapferer als die Väter, das dürfen wir sagen. Wir eroberten auch das siebentorige Theben, führten ein kleineres Heer vor die Mauer, die mächtig verstärkt war; bauten wir doch auf göttliche Zeichen und Zeus als Beschützer. Jene gingen zugrunde infolge des eigenen Frevels! Deshalb schätze mir ja nicht gleichhoch unsere Väter!« [Homer: Ilias. Dichtung der Antike von Homer bis Nonnos, S. 4733 (vgl. Homer-W Bd. 1, S. 72 ff.) (c) Aufbau-Verlag] ….. Tydeus, sein Vater, war einer der „Sieben gegen Theben“ und fiel in der Schlacht vor Theben. Diomedes, herangewachsen zu einem wunderschönen starken Mann, zog mit den Nachfolgern der „Sieben“, den Epigonoi, den Tod ihrer Väter rächend, nach Theben und zerstörten die Stadt. Auch Diomedes Großvater wird schon in der Ilias erwähnt; 14,109ff: „Da sprach Held Diomedes zu ihnen, der Meister im Schlachtruf: »Nah ist der Mann - wir brauchen nicht lange zu suchen -, sofern ihr Zutrauen faßt und nicht euch einzeln im Zorne entrüstet; denn ich bin ja in eurem Kreis an Jahren der jüngste. Freilich rühme auch ich mich eines tüchtigen Vaters - Tydeus, den der Grabhügel deckt in thebanischer Erde. Portheus besaß drei Söhne, untadlige Helden; in Pleuron wohnten sie und im hochgelegenen Städtchen Kalydon, Agrios, Melas und Oineus als dritter, der Kämpfer zu Wagen, er, mein Großvater, unter ihnen bei weitem der Beste. In der Heimat verblieb er, doch wurde mein Vater verschlagen bis nach Argos; so wollten es Zeus und die übrigen Götter.“ [Homer: Ilias. Dichtung der Antike von Homer bis Nonnos, S. 5057 (vgl. Homer-W Bd. 1, S. 259) (c) Aufbau-Verlag] Nach der Zerstörung von Theben zog Diomedes mit seinem Heer nach Kalydon, um seinen Großvater, den greisen Oineus 1, der von seinen Neffen, den Söhnen des Agrios 5, gestürzt, misshandelt und eingekerkert wurde, zu befreien. ….. Erklärung: Nach dem Tod seiner Frau Althaia hatte Oineus Periboia 12, die Tochter des Hipponoos 3, geheiratet, die ihm Olenias, Ochesias und Tydeus schenkte. Tydeus, der Jüngste, aber der Stärkste der Söhne des Oineus und auch die große Stütze des Vaters, beging einen Mord und wurde, auch auf Betreiben seiner Halbbrüder, aus Kalydon verbannt. Die Neffen des Oineus, die sechs Söhne des Agrios 5, stürzten Oineus, erhoben ihren Vater zum König und kerkerten den bereits alten Onkel Oineus schmachvoll ein. Jahre später, nach der Zerstörung von Theben, kehrte sein Enkel Diomedes, man erzählt auch Tydeus sei es gewesen, nach Kalydon zurück, erschlug bis auf Onchestos und Thersites die Söhne des Agrios 5 und befreite den Großvater. Agrios beging Selbstmord oder wurde von Diomedes, Tydeus oder Oineus selbst getötet. Die Macht in Kalydon übergab Diomedes seinem Onkel Andraimon 1, dem König von Sparta, dem Gemahl der Gorge 2, einer Tochter des Oineus. Den gebrechlichen Opa brachte Diomedes zu Gorge nach Sparta, wo er zur Zeit des troianischen Krieges den Lebensabend verbrachte; Pausanias 2,25,2. Apollodor 1,79 erzählt, dass Oineus auf dem Weg nach Sparta von Onchestos und Thersites, den zwei überlebenden Söhnen des Agrios, aus dem Hinterhalt überfallen und getötet worden sei. Diomedes habe ihn bestatten lassen und an der Stelle eine Stadt gegründet, der er den Namen Oinoe gab. Euripides und Sophokles schrieben Tragödien mit dem Titel „Oinoe“, die leider nicht erhalten sind. ….. In Homer´s Ilias ist Diomedes eine der ganz großen Figuren, obwohl er der Jüngste der Heerführer war. Er musste in diesen Krieg gegen Troia, weil auch er einst um die Hand der Helena angehalten und den Eid geschworen hatte. Als König und Führer des östlichen Argos unterstanden 8o Schiffe seinem Kommando; Ilias 2,559ff: „Dann die Bewohner von Argos und des ummauerten Tiryns, Hermiones und Asines mit ihren geräumigen Buchten, von Troizen, Eïones, der Heimstatt des Weins Epidauros und die jungen Achaier von Aigina und Mases: Ihr Befehlshaber war Diomedes, der Meister im Schlachtruf, mit ihm Sthenelos, Sohn des hochberühmten Kapaneus. Ihnen schloß sich Euryalos an als dritter, den Göttern gleichend, der Sohn des Mekisteus, des Sohnes des Königs Talaos. Oberster aller war Diomedes, der Meister im Schlachtruf. Achtzig dunkle Schiffe folgten ihrem Befehle.“ [Homer: Ilias. Dichtung der Antike von Homer bis Nonnos, S. 4677 (vgl. Homer-W Bd. 1, S. 38) (c) Aufbau-Verlag] ….. Vor der Abreise beauftragte er den schönen jungen Kometes, den Sohn seines Freundes Sthenelos, Aigialeia, seine Gemahlin, während seiner Abwesenheit zu beschützen. Aigialeia, aus tiefem Herzen treu und keusch, verzehrte sich fast vor Sehnsucht nach ihrem jungen Gatten Diomedes, zog sich zurück und betete viel. ….. Als Agamemnon seine Heerführer maßregelte, verhielt sich Diomedes, im Gegensatz zu anderen, sehr diszipliniert; Ilias 4,401f: „So sprach er, ihm entgegnete nichts der Held Diomedes, beugte sich ehrfurchtsvoll dem Vorwurf des achtbaren Feldherrn.“ [Homer: Ilias. Dichtung der Antike von Homer bis Nonnos, S. 4735 (vgl. Homer-W Bd. 1, S. 73) (c) Aufbau-Verlag] ….. Bei Quintus von Smyrna nahm Diomedes an der Schlacht gegen die Amazonen teil und tötete Derimacheia und Alkibia; 1.227ff: „Also schlugen sie, Einer dem Anderen, ohne zu wanken, Wunden mit mächtigem Erz; roth strömte von Blut das Gefielde. Penthesileia traf den Persinoos und den Molion, Lernos, den tapferen, dann, den Antitheos und den Ilissos, Auch Elasippos, den starken, Hämonides und den Hippalmos. Aber Derione schlug den Laogonos, und den Menippos Klonia. Der war einst aus Phylake ziehend dem Helden Protesilaos gefolgt, mit den rüstigen Troern zu kämpfen. Als er im Streite gefallen, ergrimmt´ im Geiste Podarkes, Iphikles´ Sohn; er war der beliebteste seiner Genossen. Rasch auf Klonia ziehlt´ er und tief in die innersten Weichen Drang der gewichtige Speer; alsbald aus klaffender Wunde Strömte das schwärzliche Blut, und heraus quoll alles Gedärme. Da traf Penthesileia, von Zorn entbrannt, den Podarkes Mit langschattendem Speer an der rechten Hand in das dichte Muskelgeflecht, und zerschnitt ihm die blutvoll strotzenden Adern. Rasch vorquellend ergoß sich das Blut in dunkeln Strömen Aus der geschlagenen Wund´; er, tief aufseufzend im Herzen, Prallte zurück; so hatte der Schmerz ihm die Seele bewältigt. Als er schied, durchbebte die Phylaker schmerzliche Sehnsucht; Aber der Held, nur wenig entfernt von der Stätte des Kampfes, Haucht´ alsbald in den Armen der trauernden Freunde den Geist aus. Doch Idomeneus traf mit mit ragendem Speer die Bremusa Rechts an der Brust, und löste sofort ihr Leben und Odem. Und sie stürzte zu Boden, der stämmigen Eiche vergleichbar, Welche, gefällt von der Axt holzhauender Männer im Bergwald, Aechzend bricht und zur Erde sich neigt mit entsetzlichemTosen: Also sank sie stöhnend dahin, ihr löste die Glieder Alle der Tod, und die Seele entschwand in die wehenden Lüfte. Durch den Meriones fiel Euandra, fiel Thermodosa, Die wild stürmten umher im grässlichen Schlachtengewühle; Der durchbohrt´ er das Herz mit dem Speer, der stieß er die Weichen Durch mit dem Schwert, daß todt alsbald hinsanken die Beiden. Doch die Derione zwang der tapfere Sohn des Oileus, Welcher am Schlüsselbein sie traf mit der spitzigen Lanze. Derimacheia sodann und Alkibia hieb Diomedes Beiden das Haupt vom Rumpfe hinweg bis herab zu den Schultern Mit todbringendem Schwert; da stürzten sie beide zur Erde, So wie das Rind, dem rasch mit gewichtigem Beile der Jüngling, Wenn er die Sehnen des Nackens durchhieb, raubte das Leben.“ ….. Homer widmete in der Ilias den fünften Gesang den Heldentaten des Diomedes: Fünfter Gesang Wie sich Diomedes durch tapfere Taten auszeichnete Da verlieh Athene dem Tydeussohn Diomedes Kraft und Mut, damit er vor allen andern Argeiern glänzend hervorrage und sich herrliche Ehren erwürbe. Loderndes Feuer ließ sie vom Helm und vom Schilde ihm sprühen, ähnlich dem Hundsstern, zur Zeit des Herbstes, der mit besonders hellem Schein sich in der Flut des Okeanos badet. Solch ein Feuer ließ sie von Haupt und Schultern ihm flammen und entsandte ihn mitten ins stärkste Getümmel des Kampfes. Unter den Troern lebte ein Mann ohne Tadel, begütert, Dares, ein Priester des Hephaistos. Er hatte zwei Söhne, Phegeus und Idaios, in jeglicher Kampfart erfahren. Diese stürmten hervor aus der Reihe, dem Griechen entgegen, beide zu Wagen. Doch Diomedes rückte zu Fuß vor. Und sobald sie einander im Vordringen nahe gekommen, schleuderte Phegeus als erster den Speer mit dem riesigen Schafte; über die linke Schulter des Griechen sauste die Spitze, ohne den Helden zu treffen. Dann warf Diomedes die Lanze. Nicht umsonst entflog die Waffe der Faust, sie durchbohrte zwischen den Warzen die Brust und stürzte Phegeus vom Wagen. Da entsprang Idaios flüchtend dem prächtigen Fahrzeug, brachte den Mut nicht auf, den gefallenen Bruder zu schützen. Doch er wäre allein dem düsteren Tod nicht entronnen, hätte ihn nicht Hephaistos in Dunkel gehüllt und gerettet, um dem greisen Vater den bittersten Gram zu ersparen. Fort trieb jetzt die Rosse der Sohn des mutigen Tydeus, gab sie den Freunden mit auf den Weg zu den bauchigen Schiffen. Als die beherzten Troer den einen der Söhne des Dares fliehen sahen, den andern gefallen neben dem Wagen, wurden sie alle erschüttert. Doch Pallas, mit leuchtenden Augen, nahm bei der Hand den stürmischen Ares und mahnte ihn listig: »Ares, Ares, du Mörder, du Blutsauger, Stürmer der Mauern, lassen wir doch im Kampfe allein die Troer und Griechen, warten wir ab, wem Zeus vergönnt den Ruhm des Erfolges! Ziehen wir uns zurück und meiden den Groll des Kroniden!« Damit lockte sie aus der Schlacht den stürmischen Ares, hieß ihn ruhig sich setzen am hohen Rand des Skamandros. Und die Griechen jagten die Troer, jedem der Feldherrn fiel ein Feind zum Opfer. Zuerst ließ Fürst Agamemnon den Halizonenherrscher Odios stürzen vom Wagen, jagte ihm, dem ersten, der floh, den Speer in den Rücken, zwischen den Schultern, trieb zur Brust heraus ihm die Waffe. Dröhnend schlug er zu Boden, ihm klirrten die Waffen am Leibe. Fürst Idomeneus erlegte den Sohn des Maioners Boros, Phaistos, der gekommen war aus dem fruchtbaren Tarne. Eben bestieg er das Fahrzeug, da traf ihn rechts in die Schulter Held Idomeneus, der Meister im Speerwurf, mit riesiger Lanze. Nieder sank er vom Wagen, das Dunkel des Todes umfing ihn. Ihm entriß das Gefolge des Idomeneus die Waffen. Der Atride, Fürst Menelaos, erlegte mit scharfem Speer des Strophios Sohn Skamandrios, einen geübten, trefflichen Weidmann; Artemis hatte ihn selbst unterwiesen, manches Getier, das der Wald in den Bergen nährt, zu erjagen. Jetzt aber half ihm Artemis nicht mit Pfeilen, nicht seine eigene sichere Hand, durch die er bislang sich hervortat. Der Atride, der Meister im Speerwurf, Held Menelaos, scheuchte ihn vor sich her und traf mit dem Speer ihn im Rücken, zwischen den Schultern, trieb zur Brust heraus ihm die Waffe. Auf das Gesicht fiel er nieder, es klirrten am Leib ihm die Waffen. Held Meriones erlegte den Sohn des Tekton, den Enkel Harmons, Phereklos, der es verstand, mit den Händen so manches Kunstwerk zu zimmern; ihm war Athene besonders gewogen. Er schuf auch für Paris die ebenmäßigen Schiffe, jene Stifter des Unheils, die allen Troern Verderben brachten, wie ihm, da er die Sprüche der Götter nicht kannte. Ihn ereilte auf der Verfolgung Held Meriones, traf ihn rechts ins Gesäß; die eherne Spitze durchbohrte, unter dem Schambein hin, geraden Weges die Blase. Aufschreiend brach er ins Knie, der Todesschleier umfing ihn. Meges traf den Sohn Antenors zu Tode, Pedaios. Der war Bastard, doch hatte die edle Theano ihn sorgsam, gleich den eigenen Kindern, erzogen, dem Gatten zuliebe. Ihm kam nahe der Sohn des Phyleus, der Meister im Speerwurf, traf ihn, unten am Haupt, ins Genick mit der schneidenden Lanze. Zwischen den Zähnen hindurch zerfetzte das Erz ihm die Zunge. Hin sank er in den Staub und biß auf das frostige Eisen. Held Eurypylos, Sohn Euaimons, erschlug den Hypsenor, ihn, des stolzen Dolopion edlen Sohn, der ein Priester des Skamandros und wie ein Gott vom Volke verehrt war. Ihn erschlug der stattliche Sohn des Euaimon, er stürmte hinter dem Fliehenden her und hieb im Laufen das Schwert ihm in die Schulter, schlug dabei den kraftvollen Arm ab. Blutüberströmt fiel nieder das Glied. Des Sterbenden Augen schloß der düstere Tod, mit ihm das gewaltige Schicksal. Derart heftig kämpften sie in der tobenden Feldschlacht. Kaum zu erkennen war, in welchem der Heere der Sohn des Tydeus focht, ob unter den Troern, ob unter den Griechen. Über die Ebene brauste er hin, vergleichbar dem Strome, der, geschwellt vom Schneewasser, reißend sprengte die Dämme; nicht die wohlbefestigten Deiche mehr können ihn halten noch die niedrigen Hecken der üppig grünenden Felder, stürmt er plötzlich heran, wenn vom Himmel der Regen herabrauscht. Vieles, was kraftvolle Männer geleistet, macht er zunichte. Derart stoben dahin vor dem Sohn des Tydeus die dichten Reihen der Troer; sie hielten nicht stand, so viel sie auch waren. Ihn erspähte Lykaons stattlicher Sohn, wie er raste über das Feld und vor sich her die Schlachtreihen scheuchte, und er richtete auf ihn sogleich den Bogen und schoß und traf ihn, beim Vorwärtsstürmen, glücklich rechts in die Schulter, an der Wölbung des Panzers; durch die Schulter hindurch noch drang das spitze Geschoß, und Blut übersprühte den Panzer. Gellend jauchzte darüber der stattliche Sohn des Lykaon: »Vorwärts, ihr mutigen Troer, ihr Tummler der Rosse! Getroffen ist der tüchtigste unter den Griechen, er dürfte nicht lange aushalten mehr den quälenden Pfeil - wenn wirklich der Sohn des Zeus, der herrschende Gott, mich zum Aufbruch aus Lykien spornte!« Jubelnd rief er es aus. Doch hatte der Schuß Diomedes nicht zu Boden gestreckt, er trat vor die Rosse und vor den Wagen und sprach zu Sthenelos, zu dem Sohn des Kapaneus: »Lieber Sohn des Kapaneus, schnell verlasse das Fahrzeug, ziehe mir, bitte, den spitzen Pfeil hervor aus der Schulter!« Derart sprach er, und Sthenelos sprang vom Wagen herunter, trat zu ihm, zog vorwärts den schnellen Pfeil aus der Schulter. Blut quoll durch das dichte Gewebe des Untergewandes. Da begann Diomedes, der Meister im Schlachtruf, zu beten: »Höre mich, siegreiche Tochter des Zeus, des Trägers der Aigis: Standest du jemals auch meinem Vater im hitzigen Kampfe wohlwollend bei, so erweise dich heute mir gnädig, Athene! Laß mich auf Wurfweite einholen und erlegen den Troer, der mir im Schuß zuvorkam und jubelnd behauptet, ich würde nicht mehr lange das strahlende Licht der Sonne erblicken!« So erklang sein Gebet. Ihn erhörte Pallas Athene. Seinen Gliedern verlieh sie Leichtigkeit, Füßen wie Armen, trat zu ihm und sagte die flugs enteilenden Worte: »Kämpfe getrost, Diomedes, jetzt weiter gegen die Troer! Festen Mut erweckte ich dir, wie vormals dein Vater Tydeus, der Schwinger des Schildes, der Kämpfer zu Roß, ihn bewährte. Auch befreite ich dir die Augen vom einstigen Schleier: Götter von Sterblichen sollst du nunmehr klar unterscheiden. Sollte ein Gott dir nahen und dich zum Kampfe verlocken, hüte dich wohl - da du ihn erkennst!-, mit ihm dich zu messen. Nur die Tochter des Zeus, falls sie dir feindlich begegnet, sie allein nur darfst du mit scharfem Eisen verwunden.« Damit entschwand Athene, die Göttin mit leuchtenden Augen. Doch Diomedes eilte erneut ins vordere Treffen. War er schon vorher bestrebt, mit den Troern im Kampf sich zu tummeln, faßte er nunmehr den dreifach erhöhten Mut, wie ein Löwe, den der Hirt auf dem Feld, im Kreis der wolligen Schafe, beim Überspringen der Hürde nur leicht, nicht tödlich verwundet und damit nur gereizt hat; er wehrt ihm nicht länger, er duckt sich tief in den Stall, es rast das verlassene Vieh vor Entsetzen. Hingewürgt liegen schließlich die Schafe, dicht beieinander, wütend springt der Löwe zurück aus dem hohen Gehege: ebenso wütend drang Diomedes ein auf die Troer. Tödlich traf er Astynoos und den Herrscher Hypeiron. Jenen durchbohrte er, über der Brust, mit eherner Lanze, diesem hieb er ins Schlüsselbein die wuchtige Klinge; dabei wurde die Schulter getrennt vom Hals und vom Rücken. Liegen ließ er sie, stürzte auf Abas und Polyidos, Söhne des Eurydamas, des greisen Deuters der Träume; ihnen deutete nicht beim Aufbruch der Alte die Träume, ihnen zog die Rüstung vom Leibe der Held Diomedes. Dann griff Xanthos und Thoon er an, die Söhne des Phainops. Beide waren noch jung, den Vater bedrückte das Alter, andere Söhne besaß er nicht als Erben der Schätze. Sie erschlug Diomedes, raubte das wonnige Leben beiden, ließ dem Vater nur Jammer und bittere Trauer. Nicht mehr sollte er sie umarmen bei glücklicher Heimkehr aus der Schlacht; entfernte Verwandte teilten das Erbe. Dann ereilte zwei Söhne des Priamos er, die auf einem Wagen sich befanden, Echemmon, bei ihm Chromios. Wie ein Löwe auf Rinder sich stürzt, wenn im Dickicht sie weiden, und voll Kraft den Nacken zermalmt der Kuh und dem Stiere, so stieß beide der Sohn des Tydeus herunter vom Wagen, trotz erbitterten Sträubens, und raubte ihnen die Rüstung. Seinen Gefährten befahl er, die Rosse ins Lager zu führen. Ihn sah Held Aineias die troischen Schlachtreihen lichten. Eilend begab er sich, durch den Kampf und den Hagel der Speere, auf die Suche nach Pandaros, dem gottähnlichen Streiter. Und er traf den untadligen, kraftvollen Sohn des Lykaon, trat ihm in den Weg und richtete an ihn die Worte: »Pandaros, wo besitzt du Bogen, gefiederte Pfeile, wo den Ruhm? Hier mißt sich mit dir im Schießen doch keiner, auch in Lykien prahlt nicht einer, dich darin zu schlagen. Hebe die Hände zu Zeus empor, dann schieß auf den Mann dort, wer es auch sei, der da wütet und furchtbar schadet den Troern: hat er doch schon zahlreiche tapfere Helden getötet! Wenn er nur nicht ein Gott ist, der wegen verweigerter Opfer den Trojanern zürnt; schwer lastet das Grollen der Gottheit!« Ihm gab Antwort der stattliche Sohn des Lykaon und sagte: »Führer im Rat der erzgewappneten Troer, Aineias, dieser Held gleicht völlig dem tapferen Sohne des Tydeus, scheint mir; am Schild erkenne ich ihn und am hiebfesten Helme, auch am Gespann. Doch vielleicht steckt wirklich ein Gott in dem Helden. Sehe ich freilich zu Recht in ihm den tapfren Tydiden, wütet er derart nicht ohne göttlichen Beistand. Ganz nahe steht ein Unsterblicher ihm, die Schultern von Wolken umzogen, der dem Pfeil, der ihn traf, die volle Wirkung genommen! Denn ich zielte auf ihn und schoß ihn rechts in die Schulter, durch die Wölbung des Panzers gerade hindurch, und ich wähnte schon, ich hätte zum Hades hinab ihn geschickt; doch ich konnte nicht im geringsten ihm schaden. Ein Gott ist sicher mir böse. Pferde und Wagen zum Aufsteigen stehen mir nicht zur Verfügung. Nur im Hause Lykaons, da gibt es elf prächtige Wagen, funkelnagelneue, zum Schutze mit Decken behangen; Doppelgespanne von Rossen, eines zu jedem gehörig, stehen herum und mahlen den Mais und die schimmernde Gerste. Ja, mich ermahnte der greise Lanzenschwinger Lykaon dringend beim Aufbruch, noch im trefflich gebauten Palaste, und er riet mir, auf einem von Rossen gezogenen Fahrzeug über die Troer Befehl zu führen im tobenden Kampfe. Aber ich folgte ihm nicht - es wäre viel besser gewesen! -, um die Pferde zu schonen; sie sollten nicht Futter entbehren bei der Ballung von Menschen, gewöhnt an reichliche Nahrung. Deshalb ließ ich sie dort und zog zu Fuße nach Troja, meinem Bogen vertrauend; er sollte mir freilich nichts nützen. Zwei der tapfersten Helden traf ich bereits, Diomedes und Menelaos, und beiden schlug ich blutende Wunden, zweifellos; doch reizte ich sie nur stärker zum Kämpfen! Also nahm ich zum Unglück nur mein Schießzeug vom Nagel an dem Tage, da ich zum reizvollen Ilion meinen Leuten voranzog, dem göttlichen Fürsten Hektor zuliebe! Sollte ich heimkehren einst und wieder mein Vaterland sehen und mein Weib, dazu mein Haus mit dem ragenden Dache, nun, dann soll gleich einer das Haupt vom Rumpfe mir trennen, breche ich diesen Bogen nicht mit den Händen und werfe ihn ins lodernde Feuer! Ich schleppe ihn mit mir vergebens!« Darauf entgegnete ihm der Fürst der Troer, Aineias: »Sprich nicht so! Nicht eher wird die Lage sich wenden, als bis wir zu zweit, mit Rossen und Wagen, dem Manne dort uns entgegenstellen, mit ihm uns messen im Kampfe. Meinen Wagen besteige! Dann kannst du erkennen, wie gut die Rosse des Tros es verstehen, über das Schlachtfeld zu jagen, hin und her, zum Rückzug nicht weniger als zur Verfolgung. Uns auch werden sie retten zur Stadt, falls wirklich noch einmal Zeus den Tydeussohn Diomedes zum Siege befähigt. Auf jetzt, ergreife die Geißel und die glänzenden Zügel! Ich besteige den Wagen als Kämpfer - oder du selber fechte mit ihm, dann werde ich um die Rosse mich kümmern!« Ihm gab Antwort der stattliche Sohn Lykaons und sagte: »Selbst behalte die Zügel, Aineias, und lenke die Rosse! Williger werden bei einem vertrauten Lenker sie ziehen den geschweiften Wagen, fliehen wir vor Diomedes. Ja nicht sollen sie scheuen und bocken, sich sträuben, vom Schlachtfeld uns zu entfernen, weil sie deine Stimme vermissen, ja nicht soll im Ansturm der Sohn des mutigen Tydeus uns erschlagen und die stampfenden Rosse entführen! Nein, behalte du selber die Lenkung deines Gespannes, ich will seinem Angriff mit scharfer Lanze begegnen.« Damit bestiegen sie gleich das schillernde Fahrzeug und lenkten, beide voll Eifer, das flinke Gespann Diomedes entgegen. Sthenelos sah sie, der stattliche Sohn des Kapaneus, und sagte hastig zum Sohne des Tydeus die flugs enteilenden Worte: »Tydeussohn Diomedes, du, den ich liebe und achte, da, ich sehe zwei Helden, sie wollen gegen dich kämpfen, riesenstark. Der eine versteht sich gut auf das Schießen, Pandaros, der mit Stolz sich bekennt als Sohn des Lykaon. Sohn des Anchises, des mutigen, nennt sich der andre, Aineias, ebenso stolz; Aphrodite ist seine göttliche Mutter. Weichen wir doch, zu Wagen! Durchstürm nicht so eifrig die ersten Reihen, damit wir nicht unser teures Leben verlieren!« Finsteren Blickes maß ihn der Held Diomedes und sagte: »Sprich nicht von Flucht, denn damit wirst du gar nichts erreichen. Meinem Wesen entspricht es nicht, im Kampfe zu weichen und mich zu ducken. Mein Mut ist längst nicht erschüttert. Nur ungern stiege ich auf den Wagen, vom Boden aus kämpfe ich lieber gegen den Feind. Mich zu fürchten, verbietet mir Pallas Athene. Schwerlich errettet das flinke Gespann die beiden vor unsern Fäusten, und sollte auch immerhin einer von ihnen entrinnen! Eines noch will ich dir sagen, nimm es dir gründlich zu Herzen: Gönnt mir Athene, die Spenderin guten Rates, die Ehre, beide zu töten, so halte zurück hier unsere schnellen Rosse und binde straff an den Rand des Wagens die Zügel, denk an mein Wort und stürze dich auf das Gespann des Aineias, treib von den Troern es fort zu den trefflich gewappneten Griechen! Denn es stammt aus der Zucht, von welcher der Donnerer Zeus dem Tros den Ausgleich gab für den Sohn Ganymedes, die besten Rosse, die unter dem Morgenrot leben und unter der Sonne! Stuten aus dieser Zucht ließ, ohne Laomedons Wissen, einst Anchises, der Führer der Männer, von Hengsten bespringen. Ihnen entstammten in seinem Palast sechs rassige Pferde. Vier behielt er selber und zog sie auf an der Krippe, zwei übergab er dem Helden Aineias, dem Schrecken der Feinde. Falls wir die Rosse erbeuten, gewinnen wir herrliche Ehren!« Derart tauschten sie ihre Meinungen aus im Gespräche. Rasch kam näher das Paar der Feinde mit eilenden Rossen, und Lykaons stattlicher Sohn rief an Diomedes: »Standhafter, mutiger Kämpfer, Sohn des ruhmreichen Tydeus, noch hat nicht mein Geschoß, mein spitzer Pfeil, dich bezwungen. Jetzt will ich mit dem Speer es versuchen - ich treffe dich sicher!« Damit holte er aus und warf die mächtige Lanze, und er traf den Schild des Tydeussohnes. Hindurch drang völlig die eherne Spitze und erreichte den Panzer. Gellend jauchzte darüber der stattliche Sohn des Lykaon: »Das traf dich in die Weichen, hindurch! Du wirst nicht mehr lange aushalten, glaube ich. Herrlichen Ruhm hast du mir verliehen!« Unerschrocken erwiderte ihm der Held Diomedes: »Fehlschuß, du trafest mich nicht! Doch werdet ihr zwei wohl nicht eher ablassen, als bis wenigstens einer im Tode die Blutgier des mit dem Schilde bewehrten Kämpfers Ares gestillt hat!« Damit warf er. Athene lenkte den Speer auf die Nase, dicht am Auge; die Waffe durchdrang die schimmernden Zähne. Und das unerbittliche Eisen zerschnitt ihm die Zunge dicht an der Wurzel, heraus fuhr unter dem Kinn ihm die Spitze. Nieder sank er vom Fahrzeug, ihm klirrten am Leibe die prachtvoll glänzenden Waffen; seitwärts scheuten die eilenden Rosse. Dem getroffenen Helden erloschen Atem und Leben. Doch Aineias sprang von dem Wagen, mit Schild und mit langer Lanze, besorgt, ihm könnten die Griechen den Leichnam entreißen. Seinen Kräften vertrauend, ein Löwe, umschritt er den Toten, deckte ihn mit dem Speer und dem Schild, dem gleichmäßig runden, jeden zu töten entschlossen, der in die Nähe ihm rücke, fürchterlich schreiend. Einen Feldstein ergriff der Tydide, einen gewaltigen Block, von den heute lebenden Männern schleppten nicht einmal ihn zwei; doch er, bloß einer, er schwang ihn! Damit traf er Aineias die Hüfte, dort, wo der Schenkel im Gelenk sich bewegt, man bezeichnet die Stelle als Pfanne. Die zermalmte er ihm, und beide Sehnen zerriß er; außerdem schürfte der zackige Block die Haut ab. Noch aufrecht hielt sich der Held, wenn auch kniend, und stützte mit kraftvoller Hand sich auf den Boden, und finstere Nacht umwob ihm die Augen. Elend wäre Aineias nunmehr zugrunde gegangen, hätte nicht gleich es bemerkt die Tochter des Zeus, Aphrodite, die ihn einst dem Anchises gebar auf der Weide der Rinder. Um den geliebten Sohn schlang sie die leuchtenden Arme, hüllte ihn ein in die Falten des hellen Kleides, zur Deckung gegen Geschosse; keiner der rossetummelnden Griechen sollte mit Erz ihm treffen die Brust und das Leben ihm rauben. Anstalten traf sie schon, den Sohn vom Schlachtfeld zu tragen. Sthenelos hatte inzwischen nicht den Auftrag vergessen, den Diomedes, der Meister im Schlachtruf, ihm vorhin erteilte. Seine eigenen stampfenden Pferde hielt er zurück vom Toben der Schlacht, band straff an den Rand des Wagens die Zügel, sprang zum Gespann des Aineias, den Rossen mit stattlicher Mähne, trieb von den Troern sie fort zu den trefflich gewappneten Griechen und übergab sie dem Freunde Dëipylos, den er vor allen Altersgenossen schätzte auf Grund bewiesener Treue, hin zu den bauchigen Schiffen die Tiere zu bringen. Er selber stieg auf den eigenen Wagen, griff zu den glänzenden Zügeln und fuhr mit den stampfenden Pferden dem Sohne des Tydeus eilig nach. Der verfolgte mit grausamem Erz Aphrodite, weil er in dieser eine Gottheit des Friedens erkannte, keine von denen, die walten im Kampfgetümmel der Männer, keine Athene und keine Enyo, die Städte verwüstet. Als er sie einholte, auf der Verfolgung durch das Gedränge, holte er aus zum Stoß, der Sohn des mutigen Tydeus, traf sie, im Sprung, an der zarten Wurzel der Hand mit der scharfen Waffe; sogleich drang in die Haut die Spitze des Speeres, durch das ambrosische Kleid, das einst die Chariten ihr webten, über der inneren Handfläche; göttlicher Ichor entrann ihr, Blut, wie es fließt in den Adern der seligen Götter. Denn diese essen kein Brot und trinken auch nicht vom funkelnden Weine; deshalb haben kein menschliches Blut sie und heißen unsterblich. Laut schrie auf die Göttin und ließ den Sohn sich entgleiten; seinen Schutz übernahm mit eigenen Händen Apollon, in tiefdunklem Gewölk; kein rossetummelnder Grieche sollte mit Erz ihm treffen die Brust und das Leben ihm rauben. Doch Diomedes, der Meister im Schlachtruf, drohte der Göttin: »Halte dich, Tochter des Zeus, heraus aus dem Krieg und dem Kampfe! Reicht es dir nicht, die schwächlichen Frauen mit List zu betören? Drängst du dich freilich weiter zum Kampf, so wird dich Entsetzen packen davor, und solltest du bloß von ferne ihn hören!« Derart rief er. Verwirrt entwich sie, in heftigen Schmerzen. Iris entführte, schnell wie der Wind, die von Qualen Geplagte aus dem Getümmel; Blut befleckte den lieblichen Körper. Auf den stürmischen Ares traf sie. Zur Linken des Schlachtfelds saß er, sein Speer und sein flinkes Gespann verbarg sich im Nebel. Nieder sank sie aufs Knie und flehte inständig zum Bruder, ihr die Rosse mit goldgeschmücktem Stirnband zu leihen: »Bruderherz, gönn mir die Rettung, gib mir die Rosse, damit ich den Olympos erreiche, den Sitz der unsterblichen Götter! Heftig quält mich die Wunde, die ein Mensch mir geschlagen, Held Diomedes. Der nähme es heute sogar noch mit Zeus auf!« Derart sprach sie. Er gab ihr die Rosse mit goldenem Stirnband. Sie bestieg das Fahrzeug, aufs äußerste niedergeschlagen, neben sie stellte sich Iris, griff nach den Zügeln und schwang zum Ansporn die Geißel; voll Eifer stürmten vorwärts die Rosse. Schnell erreichten den Sitz sie der Götter, den hohen Olympos. Dort ließ Iris, die windschnelle Göttin, halten die Pferde, schirrte sie ab und reichte ihnen ambrosisches Futter. Doch Aphrodite sank in den Schoß der Mutter Dione. Innig umschlang die Göttin mit ihren Armen die Tochter, streichelte sie mit der Hand und stellte sogleich ihr die Frage: »Wer, mein Kind, hat das dir getan von den himmlischen Göttern, unbesonnen, als hättest du offen ein Unrecht begangen?« Ihr gab Antwort darauf Aphrodite mit schmerzlichem Lächeln: »Mich verletzte der mutige Tydeussohn Diomedes, weil ich meinen geliebten Sohn Aineias vom Kampfplatz forttrug, ihn, den am höchsten ich schätze von sämtlichen Menschen. Nicht mehr tobt die Schlacht nur zwischen Trojanern und Griechen, nein, die Danaer wagen es schon, gegen Götter zu kämpfen!« Ihr gab Antwort darauf Dione, die herrliche Göttin: »Trag es, mein Kind, und fasse dich, wenn auch bekümmerten Herzens! Viele von uns olympischen Göttern litten durch Menschen Böses: Wir selber bereiten uns Ärger gegeneinander! Ares hatte zu leiden, als Otos und Held Ephialtes, des Aloeus riesige Söhne, gewaltsam ihn banden. Dreizehn Monate lag er gefesselt in ehernem Fasse. Damals wäre verschmachtet der unersättliche Raufbold, hätte es nicht die Schwiegermutter der Riesen, die schöne Eëriboia, dem Hermes verraten. Der ließ ihn entweichen. Matt schon war er, ihn hatte geschwächt der furchtbare Kerker. Leiden mußte auch Hera, als des Amphitryon starker Sohn den Pfeil mit dreifacher Spitze ihr rechts in den Busen jagte; damals ergriffen sie unerträgliche Schmerzen. Selbst der gewaltige Hades gehört zu den leidenden Göttern, quälte sich, als auch auf ihn der Sohn des Trägers der Aigis vor dem Tore der Unterwelt schoß und den Schmerzen ihn preisgab. Bis zum Palast des Kroniden stieg er, zum hohen Olympos, heftig erbittert, von Qualen durchwühlt; ihm hatte der Pfeil sich tief in die stämmige Schulter gebohrt und peinigte grausam. Mittel legte Paieon ihm auf zum Stillen der Schmerzen, brachte ihm Heilung; für Hades galt nicht der Sterblichen Schicksal. Schandbube! Frevler! Scheute zurück nicht vor dem Verbrechen, Wunden schlug er durch Pfeilschuß den Herren des hohen Olympos! Doch den Tydiden hetzte auf dich die Göttin Athene. Töricht verfährt Diomedes, er will nicht wissen, daß einer, der als Mensch mit Unsterblichen kämpft, nicht lange mehr aushält, niemals die Kinder, sein Knie umschmeichelnd, ihn Väterchen rufen nach der glücklichen Heimkehr aus Krieg und furchtbarer Feldschlacht! Deshalb hüte er sich, trotz seiner riesigen Stärke, einem, der dich an Kraft übertrifft, im Kampf zu begegnen. Aigialeia, des Königs Adrastos verständige Tochter, soll nicht durch ewiges Jammern den Schlaf der Genossen des Hauses stören, wenn sie sich sehnt nach dem Mann, dem tapfersten Griechen, sie, die tüchtige Gattin des rossetummelnden Helden.« Derart sprach sie und wischte mit beiden Händen das Blut ab. Unverzüglich heilte der Arm, es schwanden die Schmerzen. Doch Athene und Hera genossen den Anblick und suchten Zeus, den Sohn des Kronos, mit stichelnden Reden zu reizen. Und Athene begann, die helläugig blickende Göttin: »Vater Zeus, nimmst du es mir übel, was ich jetzt sage? Sicher verlockte Kypris ein griechisches Mädchen zum Anschluß an die Troer, in die sie sich jetzt so schrecklich verliebt hat, und sie hat sich beim Streicheln des reizend gekleideten Kindes leicht ihr Händchen geritzt an der goldenen Sicherheitsnadel!« Derart sprach sie. Der Vater der Götter und Menschen begann zu lächeln, rief sich heran die goldene Kypris und sagte: »Taten des Krieges, mein liebes Kind, sind dir nicht gegeben, nein, befleißige dich des lieblichen Amtes der Hochzeit! Jenes erledige Ares, der Stürmer, und mit ihm Athene.« Derart äußerten sie im Gespräch sich untereinander. Gegen Aineias stürmte inzwischen der Meister im Schlachtruf, sah er auch klar, daß Apollon mit eignen Händen ihn deckte. Keinerlei Ehrfurcht bewies er dem großen Gott, er begehrte nur den Tod des Aineias, den Raub der herrlichen Rüstung. Dreimal stürmte er an, bestrebt, den Helden zu töten, dreimal stieß ihn Apollon zurück am blinkenden Schilde. Als er zum vierten Mal vordrang, so stark wie ein mächtiger Daimon, rief der Beschützer Apollon in schrecklichem Ton ihm entgegen: »Nimm dich in acht, Diomedes, und weiche und dünke dich ja nicht gleich den Göttern! Unsterbliche sind ganz anders geartet als die Sterblichen, die auf dem Erdboden hinwandeln müssen!« Derart sprach er, nur kurz wich rückwärts der Held Diomedes, um den Zorn des sicheren Schützen Apollon zu meiden. Dieser brachte Aineias in Sicherheit, fern vom Getümmel, in das heilige Pergamon, zu dem eigenen Tempel. Dort, im heiligsten Raume, pflegten und stärkten den Helden Leto, und mit ihr Artemis, Herrin der treffenden Pfeile. Aber Apollon, der Schütze mit silbernem Bogen, erschuf ein Trugbild; genau dem Aineias glich es und seiner Bewaffnung. Darum kämpften die Troer und edlen Achaier, zerschlugen sich die deckenden ledernen Schilde, die schweren und runden mit den prächtigen Reifen und fellüberzogene leichte. Zu dem stürmischen Ares sprach jetzt Phoibos Apollon: »Ares, Ares, du Mörder, du Blutsauger, Stürmer der Mauern, willst du nicht hingehen und den Mann dort vom Schlachtfelde schleifen, den Diomedes? Der nähme es heute sogar noch mit Zeus auf! Kypris verwundete er, an der Wurzel der Hand, schon im Nahkampf, danach stürmte er gegen mich, so stark wie ein Daimon!« Damit ließ er sich selbst auf dem Gipfel von Pergamon nieder. Ares jedoch durcheilte, zum Ansporn, die Reihen der Troer in der Gestalt des flinken Akamas, des Führers der Thraker, und rief zu den zeusentstammten Priamossöhnen: »Söhne des Priamos, des von Zeus abstammenden Königs, wollt ihr den Griechen noch lange erlauben, Troer zu metzeln? Etwa, bis man kämpft um die fest errichteten Tore? Tot liegt der, den wir ehrten wie den göttlichen Hektor, er, der Sohn des stolzen Anchises, der tapfre Aineias. Retten wir doch den edlen Gefährten aus dem Getümmel!« Damit stärkte er jedem den Mut und den Widerstandswillen. Jetzt sprach, vorwurfsvoll, Sarpedon zum göttlichen Hektor: »Hektor, wohin entsank dir der Mut, den früher du zeigtest? Einstmals wolltest du ohne Streitmacht halten die Festung, ohne Bundesgenossen, allein, mit den Schwägern und Brüdern. Aber ich kann von ihnen nicht einen bemerken und sehen, nein, sie drücken, wie Hunde vor einem Löwen, sich ängstlich. Wir jedoch, die wir nur als Hilfsvölker da sind, wir kämpfen! Ich auch bin ein Verbündeter, kam aus entlegener Ferne. Ja, sehr weit liegt Lykien entfernt, am schäumenden Xanthos. Dort ließ ich mein Weib zurück und mein argloses Söhnchen, zahlreiche Schätze dazu, wie man sie begehrt, wenn sie fehlen. Trotzdem feure die Lykier ich an, will selber den Kampf auch mit dem Gegner beginnen. Dabei gehört mir hier gar nichts, was die Achaier wegschleppen oder auch wegführen könnten. Du aber stehst, ja, befiehlst nicht einmal den anderen Kämpfern, standzuhalten und den Gattinnen Schutz zu gewähren! Hüte dich, du mit den Deinen, gleichsam gepackt von den Maschen rings umgarnenden Netzes, den Feinden zur Beute zu fallen; dann wird bald der Gegner das wohnliche Troja zerstören! Um all dieses mußt du, bei Nacht wie bei Tage, dich kümmern, bitten die Feldherrn der weithin berühmten Bundesgenossen, standhaft zu bleiben, mußt meiden jeden ernstlichen Vorwurf!« Derart sprach Sarpedon, sein Wort traf Hektor empfindlich. Gleich sprang er vom Wagen in voller Rüstung zur Erde, schwang die spitzen Lanzen und eilte durch sämtliche Scharen, spornend zum Kampf, und entfachte aufs neue die furchtbare Feldschlacht. Stehen blieben die Fliehenden, boten die Stirn den Achaiern. Diese nahmen geschlossen den Kampf an und zeigten kein Schwanken. Wie der Wind die Spreu weht über die heilige Tenne, wenn die Bauern worfeln und die blonde Demeter Körner und Spreu bei lebhaftem Luftzug sondert und helle Spreuhaufen auf dem Boden sich bilden: so wurden die Griechen über und über weiß vom Staub, den die Hufe der Rosse durch die Reihen wirbelten, auf zum ehernen Himmel, bei dem Wenden der Wagen; rückwärts lenkten die Fahrer. Mutig stürmten im Angriff sie gegeneinander. In Dunkel hüllte der rasende Ares die Kämpfer, den Troern zur Hilfe, überallhin sich begebend, erfüllte den Auftrag des Gottes, der das goldene Schwert trägt, Apollons, den Troern aufs neue Mut zu erwecken; denn Phoibos hatte die Göttin Athene abziehen sehen, die ja den Danaern Hilfe gewährte. Er ließ jetzt aus dem reichen Saale des Tempels Aineias wieder erscheinen und stärkte durch Mut den Hirten der Völker. Zu den Gefährten trat der Held. Sie freuten sich innig, als sie ihn lebend und unversehrt, getrieben von hohem Mute, heranschreiten sahen; keiner stellte ihm Fragen. Das verwehrte der Kampf, den der Träger des silbernen Bogens schürte, Ares, der Mörder, mit ihm und die rastlose Eris. Aber die beiden Aias, Odysseus und Fürst Diomedes spornten zum Kampf die Danaer, die doch von selber schon keine Furcht empfanden vor dem kraftvollen Ansturm der Troer, sondern standhielten, gleich den Wolken, die der Kronide über hochragende Berge bei völliger Windstille breitet, unbeweglich, solange die Wut des Boreas und andrer Sturmwinde schläft, die sonst die schattenbringenden Dünste, peitschend mit schrillem Sausen, nach allen Richtungen jagen: so fest harrten die Griechen der Troer und zeigten kein Schwanken. Der Atride durchschritt das Getümmel und mahnte eindringlich: »Freunde, seid Männer und faßt euch ein Herz zu tapferem Streite, Ehrgefühl zeigt voreinander im Toben der heftigen Feldschlacht! Männer von Ehre gewinnen sich leichter Leben als Sterben, Fliehende freilich erringen sich weder den Ruhm noch die Rettung!« Damit warf er behende den Speer, und in vorderster Reihe traf er den Sohn des Pergasos, Dëikoon, den Freund des tapfren Aineias. So hoch wie die Söhne des Priamos schätzten ihn die Troer, als rüstigen Kämpfer im vorderen Treffen. Seinen Schild erreichte im Speerwurf Fürst Agamemnon. Gar nicht hemmte der Schild die Waffe, die Spitze durchdrang ihn; durch den Gurt in den Unterleib traf der Feldherr der Griechen. Dröhnend schlug er zu Boden, ihm klirrten die Waffen am Leibe. Jetzt erlegte Aineias zwei der tapfersten Griechen, Söhne des Diokles, Orsilochos, neben ihm Krethon. Deren Vater wohnte im günstig errichteten Phere, reich an Vermögen; er entstammte dem Flußgott Alpheios, der sich breit dahinwälzt durch die Fluren der Pylier. Der war des Orsilochos Vater, des Herrschers, der vielen Männern gebot. Der wurde Vater des tapfren Diokles. Diesem wurde ein Zwillingspaar von Söhnen geboren, Krethon und Orsilochos, Meister in jeglicher Kampfart. Mannbar geworden, folgten sie dem Heere der Griechen auf den dunklen Schiffen zum rosseernährenden Troja, um Genugtuung für die Söhne des Atreus zu fordern. Aber sie beide ereilte dort ein tödliches Ende. Wie zwei Löwen auf Bergeshöhen, umsorgt von der Mutter, aufwachsen in dem Dickicht des weithin sich dehnenden Waldes, dann die Ställe der Menschen durch Raub von Rindern und fetten Schafen verheeren, bis sie auch selber dem Tode verfallen unter den Fäusten der Männer, durchbohrt vom schneidenden Eisen: derart kraftvoll erlagen sie beide dem Arm des Aineias, stürzten zu Boden, hochgewachsenen Fichten vergleichbar. Schmerz erregte ihr Tod Menelaos, dem Liebling des Ares. Durch die vorderen Reihen schritt er, gewappnet mit blankem Erze, und schwang den Speer, ihn ermunterte Ares zum Kampfe, in der Absicht, ihn durch Aineias besiegen zu lassen. Doch Antilochos sah ihn, der Sohn des mutigen Nestor, eilte sogleich ins vordere Treffen; der Völkerhirt könnte fallen, so fürchtete er, vereitelt werden das Kriegsziel. Beide hielten bereits die Fäuste und schneidenden Lanzen gegeneinander gerichtet, gewillt, den Kampf zu beginnen, als Antilochos neben den Hirten der Völker sich stellte. Rückwärts wich Aineias, wenn sonst auch ein rüstiger Kämpfer, bei dem Anblick der zwei, die einander Deckung gewährten. Diese zogen das Totenpaar in die Reihen der Griechen, übergaben die Unglücklichen den Händen der Freunde, kehrten dann um ins vordere Treffen und kämpften dort weiter. Den Pylaimenes töteten sie - der schlug sich wie Ares -, den Gebieter der Paphlagonen, der mutigen Streiter. Diesen traf, wie er stand, Menelaos, der Meister im Speerwurf, mit der Lanze am Schlüsselbein und durchbohrte ihn völlig. Held Antilochos traf den Wagenlenker, den edlen Sohn des Atymnios, Mydon - der wendete eben das Fahrzeug -, mit dem Feldstein mitten am Ellbogen; nieder zum Staube sanken aus seinen Händen die elfenbeinschimmernden Zügel. Und Antilochos stieß ihm stürmend das Schwert in die Schläfe; röchelnd sank vom trefflich gebauten Wagen der Lenker, schlug, den Kopf voran, zur Erde mit Schädel und Schultern. Stecken blieb er, da er ein tiefes Sandloch getroffen, bis die Pferde ihn umrissen und auf den Erdboden streckten; denn Antilochos peitschte sie, trieb sie zum Heer der Achaier. Hektor erspähte sie durch die Reihen und stürzte mit lautem Schrei auf sie los; ihm folgten die tapferen Scharen der Troer. Ihnen voran zog Ares, mit ihm die Göttin Enyo. Sie beherrschte das schonungslose Getümmel des Kampfes, er schwang in den Fäusten die furchterregende Lanze, schritt bald Hektor voran, bald folgte er ihm auf dem Fuße. Held Diomedes, der Meister im Schlachtruf, sah ihn mit Schrecken. Wie ein Mann auf dem Weg durch weite Ebenen ratlos haltmacht am Ufer des reißenden Stroms, der dem Meere sich zuwälzt, und, vor Augen das schaurig rauschende Wasser, schnell umkehrt: derart wich Diomedes zurück und sprach zu dem Heere: »Freunde, wie müssen wir doch den göttlichen Hektor bewundern als den Meister des Speerwurfs und zuversichtlichen Kämpfer - ein Gott steht ihm immer zur Seite, Schutz vor dem Unheil! Jetzt auch begleitet, in Menschengestalt, ihn der tobende Ares! Weichet langsam zurück, die Stirn den Troern entgegen, suchen wir nicht, gewaltsam, gegen die Götter zu kämpfen!« Derart sprach er, und näher rückten ihnen die Troer. Hektor tötete jetzt zwei kampferfahrene Männer, beide auf einem Wagen, Anchialos, mit ihm Menesthes. Schmerz erregte ihr Tod dem Telamonier Aias. Näher trat er und schleuderte fort die schimmernde Lanze, traf den Sohn des Selagos, Amphios, der, an Vermögen reich und an Grundbesitz, Paisos bewohnte; ihn führte das Schicksal Priamos und den Söhnen zu als Bundesgenossen. Unter dem Gurt traf ihn der Telamonier Aias, tief im Unterleib haftete fest die mächtige Lanze. Dröhnend schlug er zu Boden. Ihm nahte sich Aias, die Waffen ihm zu entreißen. Die Troer überschütteten ihn mit blinkenden Speeren, sein Schild war völlig gespickt mit Geschossen. Aber er setzte den Fuß auf den Leichnam und zerrte heraus die eherne Lanze. Freilich konnte er nichts von der guten Rüstung den Schultern entreißen, so setzten ihm zu die Geschosse. Ihn erschreckte die kraftvolle Abwehr der mutigen Troer, die ihm, zahlreich und tapfer, entgegenstanden mit Speeren und ihn, mochte er noch so groß und stark und berühmt sein, dennoch verdrängten; ihren Stößen mußte er weichen. Derart kämpften sie im Getümmel der furchtbaren Feldschlacht. Doch Tlepolemos, den Herakliden, den großen und starken, trieb sein Verhängnis gegen den göttergleichen Sarpedon. Und sobald sie einander im Vorrücken nahe gekommen, Sohn und Enkel des Zeus, des wolkenballenden Gottes, sprach als erster Tlepolemos zu dem Gegner die Worte: »Ratsherr der Lykier, Fürst Sarpedon, warum denn nur mußt du, Neuling im Kriege, hierherkommen und vor dem Kampfe dich drücken? Fälschlich nennen sie Sohn dich des Zeus, des Trägers der Aigis; denn dir fehlt recht viel an der Tüchtigkeit aller der Helden, die vom Geschlecht des Zeus abstammten zu früheren Zeiten. Was für ein Streiter war doch, im Munde des Volkes, der starke Herakles, er, mein Vater, standhaft, beherzt wie ein Löwe! Einstmals kam er hierher, Laomedons Rosse zu holen, hatte an Schiffen nur sechs, dazu ganz wenige Leute, und hat Troja zerstört und seine Straßen verödet! Du bist feig, daher auch dem Tode geweiht dein Gefolge. Du wirst, meine ich, keinerlei Hilfe den Troern gewähren durch dein Kommen aus Lykien, bist du auch körperlich kräftig, sondern, erschlagen von mir, das Tor zum Hades durchschreiten!« Fürst Sarpedon, der Führer der Lykier, gab ihm zur Antwort: »Ja, Tlepolemos, jener zerstörte das heilige Troja, weil der berühmte Held Laomedon töricht gehandelt; denn er vergalt ihm sein gutes Werk durch häßliches Schelten, gab ihm die Rosse nicht, derentwegen von fern er gekommen. Dich wird aber, verspreche ich dir, der düstere Tod durch mich ereilen, du opferst, von meinem Speere bezwungen, mir den Ruhm, die Seele dem Hades, dem rosseberühmten.« So sprach Fürst Sarpedon, Tlepolemos aber erhob den eschenen Speer. Die langen Lanzen entflogen den Fäusten beider zugleich. Sarpedon traf den Gegner am Halse. Völlig hindurch drang ihm die schmerzenerregende Spitze, und des Todes finstere Nacht umschloß ihm die Augen. Doch Tlepolemos hatte den linken Schenkel getroffen mit dem gewaltigen Speer, hindurch drang heftig die Spitze, dicht am Knochen vorbei; der Vater ersparte den Tod ihm. Aus dem Getümmel trugen den göttergleichen Sarpedon seine edlen Gefährten. Nachgeschleift wurde der lange Speer und schmerzte ihn; keiner erwog und bedachte, die Waffe aus dem Schenkel zu ziehen, damit er auftreten könne, derart hasteten sie. Der Kampf erschwerte ihr Mühen. Auch Tlepolemos schleppten die trefflich gewappneten Griechen von dem Gefechtsfeld. Zeuge war der edle Odysseus, muterfüllt und gefaßt; das Herz nur klopfte ihm stürmisch. Er überlegte, im Widerstreit von Verstand und Empfindung, ob er dem Sohn des Zeus, des donnernden, nachsetzen solle oder eine größere Anzahl von Lykiern erschlagen. Aber es war nicht bestimmt dem mutigen Helden Odysseus, den gewaltigen Sohn des Zeus mit der Waffe zu töten. Deshalb spornte Athene ihn gegen die Masse der Lykier. Da erschlug er Koiranos, Chromios wie auch Alastor, Halios und Alkandros, Prytanis auch und Noëmon. Weitere Lykier hätte erlegt noch der edle Odysseus, hätte nicht Hektor erspäht ihn, der Held mit dem nickenden Helmbusch. Durch das vordere Treffen schritt er, in funkelnder Rüstung, Schrecken erregend den Griechen. Freudig sah ihn Sarpedon kommen, der Sohn des Zeus, und sprach in schmerzlichem Tone: »Sohn des Priamos, laß mich den Danaern ja nicht zur Beute fallen, gewähre mir Schutz! Dann mag mein Leben, in euren Mauern, entweichen; ich sollte nicht mehr die Heimfahrt erleben zu dem geliebten Lande der Väter und Freude bereiten meinem teuren Weib und meinem unmündigen Sohne.« Keinerlei Antwort gab ihm der Held mit dem nickenden Helmbusch, sondern stürmte voll Eifer vorbei, so schnell wie nur möglich fortzudrängen die Griechen und vielen das Leben zu rauben. Doch den göttergleichen Sarpedon ließen die edlen Freunde am Fuß der herrlichen Zeuseiche nieder zu Boden. Aus dem Schenkel heraus zog ihm die eschene Lanze Held Pelagon, der tüchtige Kämpfer, sein lieber Gefährte. Ihn verließ das Bewußtsein, es ward vor den Augen ihm dunkel. Doch er erholte sich wieder, der Hauch des Boreas umwehte ihn, der keuchend um Atem rang, und brachte Erquickung. Unter dem Druck des Ares und des gewappneten Hektor wandten sich weder zur Flucht zu den dunklen Schiffen die Griechen noch versuchten sie Widerstand; langsam wichen sie rückwärts, als sie hörten, daß Ares auf seiten der Troer sich hielte. Wen als ersten, wen als letzten erlegte da Hektor, Sohn des Priamos, ihm zur Seite der eherne Ares? Teuthras, den göttlichen Helden - Orestes, den Tummler der Rosse - auch Oinomaos - Trechos, den Lanzenschwinger Aitoliens - Helenos, Sohn des Oinops - Oresbios, glänzend gegürtet, der in Hyle wohnte, bedacht auf Vermehrung des Reichtums, dicht am kephisischen See; er hatte zu Nachbarn die andern Männer Boiotiens, Besitzer des äußerst fruchtbaren Landstrichs. Da sah Hera, die Göttin mit leuchtenden Armen, wie Ares, mit ihm Hektor, die Griechen erlegten im furchtbaren Kampfe. Gleich sprach sie zu Athene die flugs enteilenden Worte: »Wehe, du unbezwingliche Tochter des Trägers der Aigis, wirklich, wir gaben umsonst Menelaos unser Versprechen, nach der Zerstörung des festen Troja winke ihm Heimkehr, wenn wir derart den tödlichen Ares sich austoben lassen. Auf denn, seien wir beide bedacht auf stürmischen Angriff!« Eifrig stimmte ihr zu die helläugig blickende Göttin. Hera, des großen Kroniden erhabene, göttliche Tochter, schirrte ins Joch die Rosse, die goldene Stirnbänder trugen. Hebe steckte am Wagen flink die gebogenen Räder, eherne, mit acht Speichen, auf die eiserne Achse. Niemals zerstörbar war der goldene Radkranz, darüber zogen sich feste Beschläge aus Erz, ein Anblick zum Staunen; beiderseits des Fahrzeugs drehten sich Naben aus Silber. Goldne und silberne Riemen umflochten den Kasten des Wagens, und ein doppelter Rand umgrenzte ihn vorn wie auch seitlich. Auch die Deichsel am Wagen bestand aus Silber; und Hebe band daran das treffliche goldene Joch, und die Riemen hängte sie ein, die schönen, goldenen. Unter das Joch trieb Hera die flinken Rosse, erpicht auf Hader und Schlachtruf. Und Athene, die Tochter des Zeus, des Trägers der Aigis, ließ ihr buntes, umhüllendes Kleid im Hause des Vaters niedergleiten - sie webte es einst mit eigenen Händen -, schlüpfte ins Panzerhemd des wolkenballenden Vaters und bewaffnete sich zum tränenerregenden Kampfe. Über die Schultern warf sie die Aigis, den furchtbaren Schutzschild voller Fransen. Der Schrecken umzieht ihn ringsher am Rande, auf ihm befinden sich Streitlust und Abwehr und grausiger Angriff, schließlich das Haupt der Gorgo, des furchtbaren Untiers, entsetzlich, gräßlich, das Schreckbild des Zeus, des Trägers der Aigis. Dann setzte sie sich aufs Haupt den goldenen Helm; zwei Bügel, vier Buckel trug er und zeigte Kämpfer aus hundert Städten als Zierat. Jetzt bestieg sie den flammenden Wagen, ergriff ihre schwere, starke und wuchtige Lanze, mit der sie die Reihen der Helden, denen sie zürnt, dahinstreckt, als Tochter des mächtigen Vaters. Hera berührte sogleich mit der Geißel die Rosse, und krachend flog von selbst das Himmelstor auf, das die Horen bewachten, denen die Hut des gewaltigen Himmels und des Olympos oblag, das Öffnen wie auch das Schließen des dichten Gewölkes. Durch die Öffnung lenkten sie, geißelschwingend, die Rosse. Fern von den übrigen Göttern trafen sie an den Kroniden, wie er saß auf dem höchsten Gipfel des zackigen Berges. Da ließ die weißarmige Hera halten die Pferde, und sie fragte den Sohn des Kronos, den höchsten der Götter: »Vater, verübelst du nicht dem Ares das schreckliche Treiben? Wie gewaltig und groß ist das griechische Heer, das er aufreibt, blindlings und unterschiedslos, für mich zum Kummer! Doch Kypris und der Meister des silbernen Bogens freuen sich, diesen Tollkopf entfesselt zu haben, dem Recht und Gerechtigkeit fremd sind! Vater Zeus, wirst du es mir übelnehmen, sofern ich Ares schmählich verprügle und vom Schlachtfeld verscheuche?« Ihr gab Antwort der wolkenballende Zeus und erklärte: »Vorwärts, hetze Athene auf ihn, die Göttin des Sieges, die es am besten gewohnt ist, in bitteren Schmerz ihn zu stürzen!« So sprach er, und die Göttin mit leuchtenden Armen gehorchte, schwang die Geißel, voll Eifer stürmten vorwärts die Pferde zwischen der Erde und dem sternenglänzenden Himmel. So weit wie ein Mann durchspäht die unendliche Weite, wenn er von ragendem Sitze über das düstere Meer schaut, so weit reichen die Sprünge der wiehernden göttlichen Rosse. Als sie Troja erreichten und das dortige Strompaar, wo der Simoeis und der Skamandros ihr Wasser vereinen, da ließ die weißarmige Hera halten die Pferde, schirrte sie ab und umgab sie mit Schleiern wallenden Dunstes; ihnen ließ der Simoeis ambrosische Kräuter ersprießen. Vorwärts eilten die Göttinnen, hurtig wie schüchterne Tauben, beide entschlossen, den Männern des Griechenheeres zu helfen. Als sie die Stelle erreichten, wo die meisten und stärksten standen, gedrängt um den starken Rossebezwinger, den Sohn des Tydeus, Löwen vergleichbar, die roh die Beute verschlingen, oder auch kraftvollen Ebern, die man schwer überwältigt, da blieb Hera stehen und ließ die Stimme erschallen, Stentor gleich an Gestalt, dem Helden mit eherner Stimme, der so laut wie fünfzig Männer zu rufen vermochte: »Schande auf euch, Argeier, ihr Memmen, so herrlich von Aussehn! Ja, solange der edle Achilleus zum Kampfe noch mitzog, wagten die Troer es nie, bis vor das Dardanische Tor zu rücken; sie fürchteten sich vor der wuchtigen Lanze des Helden. Heute kämpfen sie fern der Stadt, bei den bauchigen Schiffen!« Damit stärkte sie jedem den Mut und den Widerstandswillen. Zu Diomedes eilte die helläugig blickende Pallas. Bei den Gespannen und Wagen fand sie den Fürsten, er kühlte eben die Wunde, die Pandaros ihm mit dem Pfeile geschlagen. Denn ihn brannte unter dem breiten Riemen des runden Schildes der Schweiß, so daß vor Schmerz die Hand ihm erlahmte; hoch hielt er den Riemen und wischte das tiefrote Blut ab. An das Joch des Gespannes faßte die Göttin und sagte: »Wahrlich, der Sohn, den Tydeus zeugte, ähnelt ihm wenig! Klein war Tydeus zwar von Gestalt, doch ein tapferer Kämpfer. Selbst als ich ihm einmal den Kampf und das Streben nach Ehren nicht erlaubte, damals, als er, allein von den Griechen, sich als Bote nach Theben begab zu vielen Kadmeiern, ich ihn ruhig am Mahle teilnehmen hieß im Palaste, forderte er trotzdem, so wagemutig wie immer, die kadmëische Jugend zum Kampf und besiegte sie völlig, ohne Schwierigkeit; derart wirksam lieh ich ihm Hilfe. Sicher biete ich dir auch Beistand und Schutz und befehle dir mit gebührendem Ernste, gegen die Troer zu fechten. Aber Ermattung vom Kampf ist dir in die Glieder gefahren, oder dich hemmt die lähmende Furcht - in keinerlei Hinsicht bist du ein Sproß des Tydeus, des Sohnes des mutigen Oineus!« Ihr gab Antwort der kraftvolle Held Diomedes und sagte: »Ich erkenne dich, Tochter des Zeus, des Trägers der Aigis. Deshalb gebe ich gern und unverhohlen dir Antwort. Mich hemmt weder lähmende Furcht noch müßige Trägheit, nein, der Weisung muß ich gedenken, die du mir erteiltest; gegen die seligen Götter zu kämpfen, hast du mir verboten, ausgenommen, es träte die Tochter des Zeus, Aphrodite, ein in die Schlacht: sie dürfte ich treffen mit schneidendem Erze. Deshalb weiche ich selbst jetzt zurück und befahl auch den andern Griechen, sich sämtlich an dieser Stelle zusammenzufinden; sehe ich doch den Ares walten im Schlachtengetümmel!« Ihm gab Antwort Athene, die Göttin mit leuchtenden Augen: »Tydeussohn Diomedes, du, den ich liebe und achte, weder vor Ares noch vor andern Unsterblichen brauchst du jetzt dich zu fürchten; derart wirksam will ich dir helfen. Lenke deshalb auf Ares zuerst die stampfenden Rosse, triff ihn im Nahkampf, scheu nicht den wilden, den rasenden Ares, den vollendeten Schurken, den wetterwendischen Raufbold, der erst neulich mir und Hera, zum Scheine, versprochen, gegen die Troer zu kämpfen und den Argeiern zu helfen, jetzt zu den Troern sich hält und nicht mehr denkt an die andern!« Damit zog sie Sthenelos rückwärts und hieß ihn vom Wagen niedersteigen zur Erde; der sprang auch eilig herunter. Zu Diomedes, dem Helden, trat sie ins Fahrzeug, voll Kampflust. Durchdringend stöhnte unter der Last die eichene Achse, denn sie trug den tapfersten Mann und die furchtbare Göttin. Peitsche und Zügel ergriff Athene und lenkte sogleich die stampfenden Rosse zuerst gegen Ares. Dem Riesen Periphas zog der Gott soeben die Rüstung vom Leibe, dem edlen Sohn des Ochesios, dem bei weitem besten Aitoler. Blutgierig hatte er ihn erschlagen. Die Kappe des Hades setzte Athene sich auf, nicht sollte der Gott sie erblicken. Als der Mörder jetzt Diomedes, den göttlichen Helden, anrücken sah, da ließ er liegen den Riesen Periphas an der Stelle, wo er ihn soeben getötet, und wandte schnell sich gegen den Sohn des Tydeus, den Rossebezwinger. Und sobald sie einander im Vorrücken nahe gekommen, führte als erster Ares den Stoß mit dem ehernen Speere, über das Joch und die Zügel, um Diomedes zu töten. Doch Athene packte den Speer und drückte ihn nieder; unter dem Wagen hin fuhr die Waffe, ohne zu treffen. Dann erhob sich zum Stoß Diomedes, der Meister im Schlachtruf, mit dem ehernen Speer; es lenkte Athene die Waffe unten hinein in die Weichen, wo die Binde sie gürtet. Dorthin traf er, verwundete tief den stattlichen Körper, riß dann die Waffe heraus. Aufbrüllte der eherne Ares, laut, wie neunmal, zehnmal tausend Gewappnete schreien, die, im Kriege, den blutigen Wettstreit des Ares eröffnen. Zittern ergriff die Griechen und Troer vor lauter Entsetzen; so laut brüllte der Gott, der niemals am Kampfe sich sättigt. Wie die Luft sich verfinstert infolge der Ballung von Wolken, wenn ein stürmischer Wind sich erhebt aus gewittriger Schwüle, derart dunkel sah Diomedes den ehernen Ares aufwärts fahren, in Wolken gehüllt, in die Weite des Himmels. Schnell erreichte den hohen Olymp er, den Wohnsitz der Götter, setzte sich nieder bei Zeus, dem Kroniden, bekümmerten Herzens, zeigte das göttliche Blut ihm, das der Wunde entströmte, und sprach jammernd zu ihm die flugs enteilenden Worte: »Vater, wirst du nicht böse, vor Augen das schreckliche Treiben? Ständig müssen wir Götter das Schlimmste ertragen, wir ziehen gegenseitig es uns auf den Hals, den Menschen zuliebe. Alle sind wir mit dir überworfen; denn dein ist die tolle, heillose Tochter, die immer nur Freveltaten im Sinn hat. Sämtliche übrigen Götter, die den Olympos bewohnen, leisten treu dir Gehorsam, dir sind wir untertan alle! Sie nur verschonst du, in Wort und Tat, mit Strafen und läßt ihr Freiheit, weil du sie selbst, ein abscheuliches Mädchen, gezeugt hast! Jetzt hat sie den übermütigen Sprößling des Tydeus losgelassen, zum Wüten, auf die unsterblichen Götter. Kypris verwundete er, an der Wurzel der Hand, schon im Nahkampf, danach stürmte er gegen mich, so stark wie ein Daimon. Eilende Füße nur retteten mich. Sonst hätte ich unter schrecklichen Haufen von Leichen dort lange noch Qualen erduldet, oder ich lebte, jedoch von der Waffe zum Krüppel geschlagen!« Finsteren Blickes gab ihm der Wolkenballende Antwort: »Launischer Wicht, du brauchst nicht zu sitzen bei mir und zu winseln. Hasse ich dich doch am stärksten von allen olympischen Göttern; ständig findest du Freude an Zank und Fehden und Händeln. Von der Mutter, von Hera, erbtest den Trotz du, der niemals nachgibt; kaum vermag ich mit Worten im Zaum sie zu halten; ihr auch, glaube ich, hast du jetzt die Qual zu verdanken. Trotzdem will ich nicht länger dich deinem Schmerz überlassen; denn du bist mein Sprößling, mir hat dich die Mutter geboren. Stammtest du, weithin verhaßt, wie du bist, von anderem Vater, lägest du längst schon tiefer als die Uranossöhne.« Derart sprach er und gab Paieon den Auftrag zum Heilen. Mittel legte Paieon ihm auf zum Stillen der Schmerzen, brachte ihm Heilung; für Ares galt nicht der Sterblichen Schicksal. Wie wenn Feigenlab die fließende Milch zum Gerinnen bringt und diese besonders schnell durch Umrühren fest wird, so flink ließ Paieon den stürmischen Ares genesen. Hebe badete ihn und gab ihm schöne Gewänder; bei dem Kroniden saß er, aufs neue in Kraftfülle prangend. Heim zum Palaste des großen Zeus begaben sich wieder Hera von Argos und die alalkomenëische Pallas; Ares, dem Mörder, hatten im Töten sie Einhalt geboten. [Homer: Ilias. Dichtung der Antike von Homer bis Nonnos, S. 4743 (vgl. Homer-W Bd. 1, S. 78 ff.) (c) Aufbau-Verlag] ….. Aphrodite rächte sich für die erlittene Verletzung an Diomedes fürchterlich: Sie schlug seine treue, keusche, ihn innig liebende und sich nach ihm sehnende Gemahlin Aigialeia, mit unstillbarer Fleischeslust. Auf der Stelle verführte sie den jungen hübschen Kometes und in nicht enden wollenden wunderschönen ´Aphrodisien´ genoss sie die heranwachsende männliche Jugend Argiviens. ….. Während eines fürchterlichen Kampfes erkennt Diomedes in seinem Gegner Glaukos einen Gastfreund aus früheren Zeiten und schloss mit ihm spontan Frieden. Als Zeichen der Freundschaft tauschten sie die Waffen aus; Ilias 6,230ff: „Derart sprach er, und Freude empfand der Meister im Schlachtruf, Held Diomedes, bohrte den Speer in die nährende Erde und entgegnete freundlichen Sinnes dem Hirten der Völker: »Folglich bist du mein Gastfreund aus den Zeiten der Väter! Oineus, der edle, nahm einst den Helden Bellerophontes gastlich auf und behielt ihn zwanzig Tage im Hause. Wertvolle Gaben tauschten sie aus zum Zeichen der Freundschaft: Oineus spendete einen von Purpur strahlenden Gürtel, jener ihm einen goldenen Becher mit doppeltem Henkel; diesen ließ ich beim Aufbruch zurück im Palaste. Auf Tydeus kann ich mich nicht mehr besinnen, er hinterließ mich als Kindlein, als vor Theben den Untergang fand das Heer der Achaier. Darum bin ich dein lieber Gastfreund im Herzen von Argos, du in Lykien der meine, sofern das Land ich besuche. Gehen wir uns aus dem Weg mit den Lanzen, auch im Getümmel! Zahlreiche Troer und ruhmvolle Bündner muß ich erlegen, wen die Gottheit mir preisgibt und wen ich im Ansturm erreiche. Du mußt zahlreiche Griechen erschlagen, wen du bewältigst. Laß uns die Rüstungen tauschen, damit auch die andern erkennen, daß wir uns stolz, aus den Zeiten der Väter, Gastfreunde nennen!« Derart sprachen die beiden und sprangen herab von den Wagen, faßten sich bei der Hand und gelobten Treue einander.“ [Homer: Ilias. Dichtung der Antike von Homer bis Nonnos, S. 4799 (vgl. Homer-W Bd. 1, S. 111 ff.) (c) Aufbau-Verlag] ….. Helenos, der Seher und Sohn des troianischen Königs Priamos, hielt Diomedes für den stärksten und gefährlichsten Kämpfer der Griechen; Ilias 4,96ff: „……………….wehrt den Sohn des Tydeus ab vom heiligen Troja, ihn, den grimmigen Speerkämpfer, der den Feind vor sich herscheucht, ihn, der sich jetzt im Kampf als der Stärkste der Griechen erwiesen! Derart fürchteten wir nicht einmal den Fürsten Achilleus, der doch von göttlicher Mutter abstammen soll! Diomedes wütet zu sehr, und keiner kann sich an Kraft mit ihm messen!« Derart sprach er, und Hektor gehorchte willig dem Bruder.“ [Homer: Ilias. Dichtung der Antike von Homer bis Nonnos, S. 4793 (vgl. Homer-W Bd. 1, S. 108) (c) Aufbau-Verlag] ….. Diomedes war im Besitz einer von Hephaistos gefertigten Rüstung; Ilias 8,105ff: „Nehmt die Verfolgung frisch auf und beeilt euch! Wir wollen erbeuten Nestors Schild, dessen Ruhm bis an den Himmel emporreicht. Völlig von Gold soll er sein, er selbst wie die Griffe - wir wollen auch Diomedes, dem Zähmer der Rosse, herab von den Schultern reißen die kunstvolle Rüstung, das mühsame Werk des Hephaistos!“ [Homer: Ilias. Dichtung der Antike von Homer bis Nonnos, S. 4850 (vgl. Homer-W Bd. 1, S. 141-142) (c) Aufbau-Verlag] ….. Homer lässt den alten Nestor, den König von Pylos, die Überlegenheit des Diomedes im Kampf und in der Rede preisen; Ilias 9,53ff: „»Sohn des Tydeus, im Kampfe bist du überaus tüchtig, warst auch im Rat von sämtlichen Altersgenossen der beste. Keiner dürfte dich tadeln, so zahlreich auch sind die Achaier, keiner Widerspruch üben. Doch ließest den Hauptpunkt du offen. Freilich, du bist ja noch jung, du könntest mein Sohn sein, sogar mein jüngster. Gleichwohl verstehst du besonnen zu sprechen im Kreise griechischer Fürsten; was du sagtest, ist schicklich und richtig. …..“ [Homer: Ilias. Dichtung der Antike von Homer bis Nonnos, S. 4873 (vgl. Homer-W Bd. 1, S. 154) (c) Aufbau-Verlag] ….. Im zehnten Gesang der Ilias, der Dolonie, erzählt Homer von den nächtlichen Ängsten des Heerführers Agamemnon und seinem Entschluss in der Dunkelheit Späher in das Lager der Troianer zu senden. Die Wahl fiel auf den tapferen Diomedes, der sich den listenreichen Odysseus als Begleiter auserwählte. Im feindlichen Lager hatte Hektor den gleichen Gedanken und schickte Dolon in das Lager der Griechen. Auf halbem Wege trafen si sich; Ilias 10,338ff: „Als er die Menge der Männer und Rosse hinter sich hatte, stürmte er eifrig vorwärts. Der zeusentsproßne Odysseus hörte und sah ihn kommen und warnte sofort Diomedes: »Du, Diomedes, da naht ein Mann aus dem Lager - ich weiß nicht, ob er als Kundschafter sich begibt zu unseren Schiffen oder gar einen von den Gefallenen ausplündern möchte. Lassen wir ihn doch zuerst, an uns ein Stückchen vorüber, durch die Ebene laufen und nehmen ihn dann, in geschwindem Zugriff, gefangen! Kommt er jedoch zuvor uns im Laufen, dränge ihn ständig vom Lager hinweg zu den Schiffen, durch Drohen mit der Lanze, damit er uns ja nicht zur Stadt hin entkomme!« Derart verabredet, duckten sich beide, seitlich vom Wege, unter die Toten; und Dolon rannte, ganz achtlos, vorüber. Als er sich so weit entfernt, wie Maultiere, ohne zu rasten, pflügen können - denn besser sind sie geeignet als Rinder, den gezimmerten Pflug durch ein weites Brachfeld zu ziehen -, stürmten sie nach. Er hörte die Schritte, blieb augenblicks stehen. Denn er rechnete damit, Gefährten von seiten der Troer wollten zurück ihn holen, da Hektor die Umkehr gefordert. Nur noch ein Speerwurf oder noch weniger trennte sie von ihm, da erkannte er Feinde in ihnen und regte die Glieder schleunigst zur Flucht; und eilig nahmen sie auf die Verfolgung. Wie zwei Hunde mit scharfem Gebiß, im Jagen erfahren, ohne zu rasten, das Hirschkalb hetzen oder den Hasen, quer durch das Dickicht, und der Verfolgte klagend vorausläuft, ebenso jagten des Tydeus Sohn und der Städtezerstörer, Held Odysseus, rastlos den Dolon, fort von den Troern. Beinahe wäre schon dieser unter die Wachen geraten bei dem Lauf zu den Schiffen, da flößte Athene dem Sohn des Tydeus die Wut ein: Keiner der erzgepanzerten Griechen sollte noch vor ihm des Schusses auf Dolon sich rühmen. Im Ansturm mit der Lanze, rief laut ihm nach der Held Diomedes: »Halt! Sonst wird dich mein Speer erreichen! Du sollst nicht mehr lange dich dem jähen Verderben durch meine Fäuste entziehen!« So sprach er und entsandte die Lanze, absichtlich daneben. Über die rechte Schulter fuhr in den Boden die Spitze des geglätteten Speeres. Dolon erschrak und verharrte, schlotternd am Leibe - laut klapperten ihm die Zähne im Munde -, blaß vor Entsetzen. Und außer Atem erreichten und packten ihn an den Armen die zwei. Da begann er zu weinen und flehte: »Laßt mich am Leben, ich werde mich auslösen! Bei mir zu Hause liegen Stücke von Erz und Gold und geschmiedetem ……“ [Homer: Ilias. Dichtung der Antike von Homer bis Nonnos, S. 4925 (vgl. Homer-W Bd. 1, S. 184 ff.) (c) Aufbau-Verlag] In panischer Angst beantwortete Dolon die an ihn gestellten Fragen und verriet dabei die Pläne der Troianer. In der falschen Hoffnung lebend davon zu kommen verriet er auch, dass am Vortag der thrakische König Rhesos als Verstärkung der Troianer eingetroffen sei. Diomedes tötete Dolon; Ilias 10,433ff: „Wünschet ihr euch in das Heer der Troer zu schleichen, so trafen eben erst ein die Thraker, dort, abseits, am Ende des Lagers, des Eïoneus Sohn bei ihnen, Held Rhesos, der König. Dessen Gespann ist das größte und schönste, das je ich erblickte, weißer als Schnee noch die Rosse, im Laufen so schnell wie die Winde. Auch sein Fahrzeug ist kunstreich verziert mit Gold und mit Silber. Golden und riesig groß sind die Waffen - ein Anblick zum Staunen! -, die er mitführt; eigentlich stünde es sterblichen Helden gar nicht an, sie zu führen, nur den unsterblichen Göttern. Aber jetzt bringt mich hin zu den schleunig fahrenden Schiffen oder schlagt mich in sichere Bande und laßt mich zurück hier, während ihr selber vordringt und an der Wirklichkeit prüfet, ob ich der Wahrheit gemäß berichtet oder gelogen.« Finsteren Blickes maß ihn der Held Diomedes und sagte: »An ein Entkommen, Dolon, brauchst du nicht zu denken, auch wenn du wahr uns berichtet - nachdem du in unsere Hände gefallen! Gäben wir frei dich für Lösegeld oder ließen dich laufen, kämst du doch später gewiß zu den schnellen Schiffen der Griechen, entweder als ein Späher oder zu offenem Kampfe. Mußt du sterben jedoch, von meinen Fäusten bezwungen, wirst du niemals wieder Verderben bereiten den Griechen.« So sprach er. Der Gefangene streckte die fleischige Rechte flehend zum Kinn ihm. Doch kraftvoll durchtrennte ihm Held Diomedes mit dem Schwerte den Nacken, zerschnitt die doppelten Sehnen. Aufschrie Dolon, dann rollte sein Haupt auf den staubigen Boden.“ [Homer: Ilias. Dichtung der Antike von Homer bis Nonnos, S. 4929 (vgl. Homer-W Bd. 1, S. 186 ff.) (c) Aufbau-Verlag] Dem Toten nahmen sie die Kappe, das Schwert und das Wolfsfell ab, Odysseus versprach das Geraubte der Athene zu opfern und bat gleichzeitig die Göttin um Unterstützung. Denn auf der Stelle wollten sie noch in das Lager der Troianer schleichen und die Neuankömmlinge ermorden; Ilias 10,460ff: „Auf zu Athene, der Beutespenderin, reckte der edle Held Odysseus die Stücke und dankte betend der Gottheit: »Freue dich, Göttin, darüber! Dich, im Olympos, vor allen andern Unsterblichen, wollen wir damit beschenken. Geleite weiterhin uns, zu den Lagerstätten und Rossen der Thraker!« Derart betete er und legte die Stücke auf eine Tamariske. Er machte daran sich ein deutliches Zeichen, knickte sich Röhricht, von Tamarisken auch grünende Zweige, um auf dem Rückweg, bei weichender Nacht, die Stelle zu finden. Vorwärts schritten sie dann, über Waffen und blutiges Erdreich, und gelangten sogleich zur Abteilung der thrakischen Krieger. Diese schliefen, von Mühen erschöpft. Die trefflichen Waffen lagen geordnet bei ihnen in dreifacher Reihe. Und neben jedem stand das Doppelgespann der stampfenden Rosse. Rhesos schlief in der Mitte, daneben waren mit Riemen an die Wagenbrüstung die flinken Rosse gebunden. Ihn erblickte Odysseus als erster und wies ihn dem Freunde: »Das ist der Held, Diomedes, und das dort die schimmernden Rosse, die uns soeben Dolon beschrieben hat, den wir getötet. Auf jetzt, bewähre die Tapferkeit! Bleibe nicht untätig stehen mit bewaffneter Hand, nein, binde vom Wagen die Pferde! Oder erschlage die Männer - ich nehme die Pferde!« So sprach er. Jenen ermutigte Pallas, die helläugig blickende Göttin, ringsum begann er zu töten. Ein gräßliches Stöhnen erhob sich unter den Hieben des Schwertes, rot triefte vom Blute die Erde. Wie ein Löwe sich stürzt auf säumig gehütete Herden und voll Mordgier springt in die Reihen der Schafe und Ziegen, so überfiel der Sohn des Tydeus die thrakischen Krieger, bis er ein Dutzend erschlagen. Doch alle, die mit dem Schwerte tödlich er traf, sie packte am Fuß der kluge Odysseus, räumte beiseite sie, in der wohlbedachten Voraussicht, die mit stattlichen Mähnen geschmückten Rosse gewännen leichter derart den Durchgang und brauchten nicht zu erschrecken, träten auf Leichen sie; ihnen war das ja noch nicht widerfahren. Als nun der Sohn des Tydeus den thrakischen König erreichte, raubte er ihm als dreizehntem gleichfalls das wonnige Leben, während er stöhnte im Schlaf - denn ihn quälte ein schreckliches Traumbild -, in der Nacht, der Enkel des Oineus, auf Rat der Athene. Aber der kühne Odysseus löste inzwischen die Rosse, koppelte sie mit den Riemen und trieb sie aus dem Getümmel, nutzend den Bogen als Peitsche; er hatte es nämlich vergessen, aus dem kunstvollen Wagen die glänzende Geißel zu nehmen. Und er pfiff, Diomedes, dem göttlichen Helden, zum Zeichen. Der sann zögernd, was er als Hauptstreich führen noch könnte, ob er das Fahrzeug, auf dem die kunstreichen Rüstungen lagen, fort an der Deichsel schleppe oder auf Armen es trüge oder der Masse der thrakischen Krieger das Leben entreiße. Während er dies noch sinnend erwog, trat neben ihn Pallas und sprach mahnend zu Diomedes, dem göttlichen Helden: »Denk an den Rückweg jetzt, du Sohn des tapferen Tydeus, zu den bauchigen Schiffen! Komm ja nicht dorthin als ein Flüchtling! Könnte doch leicht ein anderer Gott die Trojaner auch wecken!« So sprach sie. Er verstand die Stimme der Göttin und sprang auf eines der Rosse. Es peitschte sie mit dem Bogen Odysseus, und sie sprengten dahin zu den schnellen Schiffen der Griechen.“ [Homer: Ilias. Dichtung der Antike von Homer bis Nonnos, S. 4931 (vgl. Homer-W Bd. 1, S. 187 ff.) (c) Aufbau-Verlag] ….. Während einer Schlacht gelang es Diomedes Hektor zu verletzen; Ilias 11,343ff: „Hektor erspähte sie durch die Reihen und stürzte mit lautem Schrei auf sie los; ihm folgten die tapferen Scharen der Troer. Held Diomedes, der Meister im Schlachtruf, sah ihn mit Schrecken, sprach sogleich zu dem neben ihm stehenden Helden Odysseus: »Gegen uns beide rollt das Verderben, der mächtige Hektor; bleiben wir, halten wir stand und wagen wir kraftvolle Abwehr!« Damit holte er aus und warf die gewaltige Lanze, zielte genau auf den Kopf und verschoß sich durchaus nicht: Die Spitze traf er des Helmes. Es prallte zurück das Erz von dem Erze, drang nicht ein in die schimmernde Haut. Sie schützte der Helm mit vierfachem Bügel, drei Schichten und Sehlöchern, den ihm Apollon einstmals verehrte. Weit wich Hektor zurück, ins Gedränge, hielt, wenn auch kniend, sich aufrecht und stützte mit kraftvoller Hand sich gegen den Boden; finstere Nacht umwob ihm die Augen. Während der Sohn des Tydeus der Richtung des Lanzenwurfs folgte, weit durch die vorderen Reihen, dorthin, wo die Waffe sich bohrte tief in den Grund, erholte sich Hektor, sprang auf den Wagen, fuhr in die Menge zurück und entging dem düsteren Tode. Held Diomedes stürmte ihm nach mit dem Speere und rief ihn: »Jetzt entrannest du wieder dem Tode, du Hund! Das Verderben war dir schon nahe. Für jetzt bot nochmals Apollon dir Hilfe, …..“ [Homer: Ilias. Dichtung der Antike von Homer bis Nonnos, S. 4955 (vgl. Homer-W Bd. 1, S. 202 ff.) (c) Aufbau-Verlag] ….. Bei den von Achilleus veranstalteten Wettkämpfen zur Ehre des gefallenen Patroklos errang Diomedes den Sieg im Pferderennen, Ilias 23,290ff, und im Speerstechen. Auch im Faustkampf siegte er; Ilias 23,681. ….. In den kyklischen Epen wird die Beteiligung des Diomedes an der Beseitigung des Palamedes, des Sohnes des Nauplios 2, durch Odysseus beschrieben. Palamedes überlistete einst Odysseus, als dieser bei der Rekrutierung zum troianischen Krieg den Schwachsinnigen spielte. Nach dem Raub der Helena durch Paris trat der Schwur, den die Freier bei den Wassern der Styx dem Tyndareos geleistet hatten, in Kraft. In alle Königreiche wurden Boten gesendet. Die an den Schwur Gebundenen wurden aufgefordert Menelaos, dem Gemahl der Helena, bei der Rückholung der Helena beizustehen. Odysseus hatte von dem Ereignis erfahren. Als Menelaos und der schlaue Palamedes bei ihm vorsprachen hatte er eine Narrenkappe auf dem Kopf, säte Salz und pflügte mit einem Ochsen und einem Pferd. Palamedes durchschaute die List und legte Telemachos, den kleinen Sohn des Odysseus, vor den Pflug; man erzählte auch, er habe das Kind mit dem Schwert bedroht. Die Vaterliebe war stärker als die Kunst der Verstellung. Vor Troia rächte sich Odysseus schändlich. Er erzählte Agamemnon, dass er im Traum gewarnt worden sei, man müsse das Lager für einen Tag verlegen. Agamemnon ließ das Lager verlegen. Odysseus vergrub dort, wo das Zelt des Palamedes stand, eine Summe Gold. Dann schrieb er einen Brief an Palamedes in dem ihm für den Verrat der Griechen weiteres Geld angeboten wurde und unterschrieb mit Priamos. Den Brief gab er einem gefangenen Troianer, schickte ihn damit zu Priamos, ließ ihn aber nach kurzem Weg ermorden. Die Griechen kamen am nächsten Tag zurück, fanden den toten Troianer mit dem Brief und Palamedes wurde des Verrates angeklagt. Er wies alles von sich, aber Odysseus lieferte den Beweis, das Gold unter dem Zelt des Palamedes. Agamemnon übergab den scheinbaren Verräter den Soldaten zur Steinigung. Es wurde auch vom Neid der Heerführer Agamemnon, Odysseus und Diomedes erzählt, die dem Palamedes nach dem Leben trachteten, weil er mit seinen vielen Erfindungen sehr oft in kritischen Situationen dem Heer geholfen hat und deswegen bei den Mannschaften äußerst beliebt war. Nauplios 2, der König der Stadt Nauplia auf dem Peloponnes und Vater des Palamedes, wanderte empört nach Troia und protestierte bei Agamemnon heftig gegen die Verleumdung und Ermordung seines Sohnes. Doch Agamemnon ließ ihn aus dem Lager werfen, ein fürchterlicher Fehler, denn Nauplios schwor Rache. ….. Auch bei der Rückholung des Philoktetes war Diomedes beteiligt: Weil Philoktetes einer der Brautwerber der Helena war musste auch er nach der Entführung der Helena durch Paris, gemäß dem geleisteten Eid, in den Krieg gegen Troia ziehen. Er war der Anführer von sieben Schiffen im Rahmen des gewaltigen griechischen Heeres. Bei einer Rast auf der Insel Chryse 1, auch Tenedos oder Lemnos werden genannt, soll er in das Reich der Inselnymphe eingedrungen sein. Zur Strafe biss ihn eine Schlange. Der Fuß schwoll an und eine große Wunde bildete sich. Sie stank fürchterlich und Philoktetes schrie so laut vor Schmerzen, dass die Achaier ihn auf einer unbewohnten Insel aussetzten. Verbittert lebte er allein einige Jahre, gepeinigt von fürchterlichen Schmerzen, und ernährte sich von Wurzeln und allem möglichen Ungetier. Nach jahrelangem erfolglosem Kampf um die sich tapfer verteidigende Stadt Troia weissagte der Seher Helenos, dass der Sieg nur mit Unterstützung des Philoktetes und seinem immertreffenden Bogen des Herakles erkämpft werden kann. Neoptolemos, Diomedes und Odysseus holten mit der Unterstützung des Geistes von Herakles Philoktetes von der Insel ab und brachten ihn zum Heer der Griechen; Euripides Philoktetes. Von Machon geheilt, erschoss er in einer Schlacht mit einem göttlichen Pfeil den Paris. ….. Kurz nach dem Tod des Hektor griffen die Amazonenkönigin Penthesileia und ihre kämpferischen Frauen in den Kampf um Troia ein und kamen Priamos zu Hilfe. Sie töten viele Griechen, unter ihnen auch Machon. Im Zweikampf wurde Penthesileia aber von Achilleus getötet. In dem Moment, als er ihr das Schwert in die Brust stieß und sie sterbend niedersank, erkannte er den Wert und die Schönheit dieser Frau und verliebte sich in sie (frage nach bei Freud). Er beweinte ihren Tod und übergab Leichnam den Troern zur Bestattung. Thersites, der Seher, verspottete Achilleus und erhielt dafür von ihm eine achilleische Ohrfeige – sie raubte ihm das Leben. In der späteren Literatur stach Thersites der Toten ein Auge aus und erhielt für diese Schändung eine tödliche Ohrfeige. Nach Pherekydes war Thersites ein Sohn des Agrios 5 und der Dia 16. In der Aithiopis wird erzählt, dass Diomedes, er war nach Pherekydes ja mit Thersites verwandt, aus Zorn wegen dieser Tötung eine feierliche Bestattung der Königin verhindert habe indem er ihren Leichnam ergriff und in den Skamandros warf. ….. Auch an der Entführung des Palladion aus Troia war Diomedes beteiligt; Vergil Aeneis 2,163ff: „Jegliche Hoffnung auf Sieg in dem Kriege setzten die Griechen stets auf die Hilfe der Pallas. Aber seitdem der verruchte Sprößling des Tydeus, der Anstifter auch von Verbrechen, Odysseus, dreist auf der Höhe der Burg die Wächter erschlugen, Minervas schicksalsträchtiges Bildnis heraus aus dem Heiligtum rissen, hastig das Weihestück fortrafften und mit den blutigen Händen schamlos die Binden berührten, den Schmuck des göttlichen Mädchens, schwand und zerrann allmählich die Hoffnung der Danaer, ihre Kräfte waren gelähmt, die Göttin zur Feindin geworden.“ [Vergil: Lied vom Helden Aeneas. Dichtung der Antike von Homer bis Nonnos, S. 17572 (vgl. Vergil-W, S. 169) (c) Aufbau-Verlag] HYPERLINK "http://de.academic.ru/dic.nsf/dewiki/1443487" INCLUDEPICTURE "http://de.academic.ru/pictures/dewiki/100/diomedes_odysseus_palladion_louvre_k36.jpg" \* MERGEFORMATINET Odysseus und Diomedes stehlen das Palladion von Troja. Apulische rotfigurige Oinochoe aus dem Umkreis des Iliupersis-Malers, um 360-350 v. Chr., aus Reggio di Calabria. Heute im Louvre, Paris. Dieses Palladium wurde viele Jahrhunderte lang in Argos, Athen und in Sparta gezeigt. ….. Als Diomedes und mit ihm viele andere Heerführer nach dem Untergang von Troia mit ihren überlebenden Mannschaften in die Heimat zurücksegelten, gerieten sie in einer dunklen regnerischen Nacht beim Kap Kaphareus in einen fürchterlichen von der Göttin Athene bestellten Sturm. König Nauplios, seit der Ermordung seines Sohnes und die schändliche Behandlung durch Agamemnon nur hasserfüllt auf Rache sinnend, erkannte die Stunde der Genugtuung, ließ falsche Hilfsfeuer entzünden und lockte so die orientierungslosen Griechen zu tödlichen Klippen. In der felsigen Brandung zerschellten die Schiffe. Nur wenige, unter ihnen Diomedes, überlebten die tosenden Wellen; Ovid met. 14,466ff: „……………………………Als gesunken das stolze Ilion und sich genährt an Pergama Danaërflammen Und der narykische Held auf alle gezogen die Strafe, Die allein er verwirkt, der die Jungfrau riß von der Jungfrau, Da, von den Winden zerstreut und gejagt durch feindliche Wogen, Stehen wir Danaër aus Blitzstrahl und Dunkel und Regen, Zorn von Himmel und Meer und die Höhe der Not bei Kaphareus. Daß nicht verweile zu lang mein Bericht bei der Mühsale Reihe: Priamus hätte sogar um Griechenland damals geweinet! Schirmend errettete mich Obhut der bewehrten Minerva Aus dem Gewoge des Meers. …..“ [Ovid: Verwandlungen (Metamorphoses). Dichtung der Antike von Homer bis Nonnos, S. 13102 (vgl. Ovid-W Bd. 1, S. 350) (c) Aufbau-Verlag] Viele seiner Männer fanden den Tod. ….. Völlig ermattet, aber dankbar dafür, dass er überlebt hatte und voller Freude auf ein Wiedersehen, kehrte er nach 10-jähriger Abwesenheit endlich wieder nach Hause zurück. Doch seine jetzt männerfreudige Gemahlin Aigialeia und ihr Dauerliebhaber Kometes vertrieben ihn aus der Stadt - das Beil schwingend; Lykophron Alexandra 610ff: „Dass Er nach Kypris sticht, ist seiner wilden Fahrt und aller seiner schlimmen Leiden Ursachgrund, wenn einst die freche Buhlin zum Bette sich so lüstern drängt; doch Hera rettet am Altar den schon zum Mord bestimmten aus des Todes Hand.“ Ovid met. 14,496ff: „Doch wieder vom heimischen Boden Werd ich gescheucht, und Strafe verhängt die beglückende Venus, Früherer Wunde gedenk, und ich stand so viele Beschwerden Aus auf der Höhe der See, so viele in Kriegen zu Lande, Daß glückselig von mir oft wurden genannt die Gefährten, Die der gemeinsame Sturm und der unwirtliche Kaphareus Warf in die Flut, und daß ich versenkt mich wünschte mit ihnen.“ [Ovid: Verwandlungen (Metamorphoses). Dichtung der Antike von Homer bis Nonnos, S. 13102 (vgl. Ovid-W Bd. 1, S. 350) (c) Aufbau-Verlag] Die Rache der Aphrodite war vollkommen! ….. Enttäuscht wanderte er mit einigen Überlebenden seiner Mannschaft nach Italien aus. Auf der Überfahrt frevelte Acmon, einer seiner Männer, mit lästernden Reden gegen die Göttin Venus / Aphrodite. Die Folgen waren fürchterlich; Ovid Met. 14,483ff: „Wie sie das Äußerste nun in Kämpfen und Wogen erduldet, Fordern ein Ende der Fahrt die entmutigten Mannen. Doch Akmon, Hitzigen Sinns und dazu durch die Drangsal vollends erbittert, Sprach: 'Was wäre denn noch, das auszustehen, ihr Männer, Weigerte eure Geduld? Was kann die kytherische Göttin, Falls sie es will, noch tun? Solange man Ärgeres fürchtet, Ist noch zu Schmerzen die Zeit; wenn aber das Ärgste gefallen, Liegt am Boden die Furcht, und des Unglücks Gipfel ist sorglos. Mag sie's hören und so, wie sie tut, Diomedes' Gefährten Alle verfolgen mit Haß: wir alle verachten der Göttin Drohenden Haß, und uns gilt viel ihr großes Vermögen.' Durch das vermessene Wort bringt neu der Pleuronier Akmon Venus, die grollende, auf und erweckt vormalige Zornglut. Wenige stimmen ihm zu. Wir anderen Freunde, die Mehrzahl, Tadeln Akmon darob. Als der zu erwidern sich anschickt, Ist wie die Stimme der Weg für die Stimme verengt, und in Federn Wandelt sich plötzlich das Haar; neu deckt sich der Hals mit Gefieder, Ebenso Rücken und Brust; Schwungfedern bekommen die Arme, Während die Beugen des Arms sich krümmen zu hebenden Flügeln; Viel an Raum nehmen ein an den Füßen die Zehn, und gehärtet Starret der Mund von Horn und läuft spitz aus an dem Ende. Ihn sieht Lycus zugleich und Idas und mit dem Rhexenor Nykteus und Abas erstaunt, und während sie staunen, ereilt sie Ähnlich gewandelte Form, und die größere Zahl von der Mannschaft Flattert empor und umfliegt mit klatschenden Schwingen die Ruder. Fragest du nach der Gestalt der plötzlich entstandenen Vögel: Schwanengestalt war's nicht, doch schneeigen Schwänen am nächsten.“ [Ovid: Verwandlungen (Metamorphoses). Dichtung der Antike von Homer bis Nonnos, S. 13102 (vgl. Ovid-W Bd. 1, S. 350 ff.) (c) Aufbau-Verlag] ….. Mit einem kleinen Rest seiner Männer kam Diomedes nach Italien und wurde von Daunos 1, dem König der Daunier, in Apulien freundlich aufgenommen. Weil Diomedes dem Daunos im Kampf gegen die benachbarten Messapier mit seinen Männern beistand und ihm zum Sieg verhalf, erhielt er ein Stück Land und die Hand von Euippe 3, einer Tochter des Daunus, und gründete die Stadt Argypria (heute Arpi); Strabon 6,284. ….. Der Ruhm, der vom Namen Diomedes ausging und die Bedeutung die er als Heros hatte ist daran zu erkennen, dass auch Vergil ihn ca. 800 Jahre nach Homer in seine Aeneis einbaute. Im Kampf um die Vormachtstellung in Italien zwischen Turnus und Aineias schickten König Latinus und Turnus den Venulus zu Diomedes; Aeneis 8,1ff: „Als auf der Burg von Laurentum Turnus die Kriegsflagge zeigte, dumpf die Signalhörner dröhnten, der Fürst die feurigen Rosse antrieb und wild mit den Waffen rasselte, packte Erregung sämtliche Bürger. Infolge des plötzlichen Ausbruchs der Kämpfe leisteten die Latiner geschlossen den Fahneneid, tobte grimmig die Jugend. Als erste Fürsten zogen Messapus, Ufens und Götterverächter Mezentius eilig von allen Seiten die Truppen zusammen, entblößten von Bauern die Äcker. Venulus sprengte als Bote zur Stadt, wo der Held Diomedes herrschte; um Hilfe sollte er bitten: In Latium faßten Teukrer schon Fuß, Aeneas bringe besiegte Penaten über den Seeweg ins Land, er behaupte, göttliche Weisung gebe ihm Königsgewalt; schon verbündeten zahlreiche Völker sich mit dem Troer, in Latium wachse bedrohlich sein Einfluß; was Diomedes darauf unternehmen, was er bei gutem Ausgang des Krieges erstreben solle, das wisse er selber sicherlich besser als Turnus oder König Latinus. Dieses geschah in Latium.“ [Vergil: Lied vom Helden Aeneas. Dichtung der Antike von Homer bis Nonnos, S. 17836 (vgl. Vergil-W, S. 325) (c) Aufbau-Verlag] Doch Diomedes unterstützte König Latinus und Turnus nicht; Aeneis 11,225ff: „Während der Aufregung, während der allgemeinen Verwirrung trafen die Boten noch ein aus der Hauptstadt des Diomedes, brachten betrübliche Auskunft: Mit all dem beträchtlichen Aufwand hätten sie gar nichts erreicht; nicht Gold, nicht Geschenke, nicht Bitten seien erfolgreich gewesen; andre Verbündete müsse Latium finden oder Aeneas um Frieden ersuchen. Selber verlor Latinus den Mut vor bitterem Kummer. Deutlich begünstigten Götter den schicksalsgesandten Trojaner: Göttlicher Zorn und die frischen Gräber erinnerten daran. Daher berief er zu großer Beratung die Ersten der Seinen, hieß sie zusammenkommen sogleich im hohen Palaste. Die Geladenen strömten durch menschenwimmelnde Straßen eilig zum Schloß. Inmitten der Zepterträger, als Höchster wie auch als Ältester, thronte Latinus mit trauriger Miene. Die aus der Stadt der Ätoler zurückgekehrten Gesandten hieß er jetzt Auskunft erteilen, Bescheid in sämtlichen Punkten geben, der Reihe nach. Tiefes Schweigen lähmte die Zungen, als, dem Befehle gehorchend, Vénulus anfing zu sprechen: »Mitbürger! Die argeische Festung sowie Diomedes selber erblickten wir nach den Wechselfällen der Reise, drückten die Hand auch, durch die einst das Reich von Ilion stürzte. Auf der Iápygerflur, am Berge Garganus, erbaute er, um den Sieg zu verherrlichen, die nach der Heimat benannte Hauptstadt Argýripa. Vorgelassen, zum Reden ermächtigt, reichten wir dar die Geschenke und nannten Namen und Heimat, weiter die Gegner im Krieg und den Grund, der nach Arpi uns führte. Als er uns angehört hatte, gab er uns freundlich zur Antwort: 'Glückliche Völker, alte Ausonier, einst Reich des Saturnus, welch ein Verhängnis vermag euch aus eurer Ruhe zu schrecken, rät euch, Kriege mit unbekannten Völkern zu führen? Wir, die wir einstmals das Reich von Troja mit Waffen verheerten - ich übergehe unsre Verluste am Fuße der hohen Mauern, die Toten am Grund des Simoeis -, wir mußten doch alle, weltweit verschlagen, fürchterlich büßen; Priamos selber hätte uns, wahrlich, bedauert! Das Unheilsgestirn der Minerva weiß es, Euböas Klippengestade, der Rächer Kaphereus. Nach dem Feldzug, auf ganz verschiedener Irrfahrt, gelangte Fürst Menelaos, der Sproß des Atreus, bis zu des Proteus Säulen, bekam Odysseus am Ätna Kyklopen vor Augen. Soll Neoptólemos ich und sein Unheilsreich nennen, den Umsturz, der Idomeneus verjagte? Die Lokrer an Libyens Küste? Selbst der oberste Feldherr der Griechen, der Fürst von Mykene, fiel bei der Rückkehr, gleich hinter der Schwelle, vom Mordstahl der Gattin, er, der Asien bezwang, unterlag dem Schänder der Ehe. Götter mißgönnten auch mir, an Altären der Heimat die teure Frau und die liebliche Vaterstadt Kálydon wiederzusehen! Heute verfolgen mich noch die entsetzlichen Bilder des Grauens: Meine Gefährten, verloren, entschwirrten mit Flügeln zum Äther, streiften als Vögel an Flüssen herum - wie mußten die Meinen fürchterlich büßen! - und heulten vor Jammer um felsige Klippen. Solcherlei hatte ich selbst zu gewärtigen schon seit der Stunde, da ich, ihm Wahn, bewaffnet auf Körper von Himmlischen losging, da ich die rechte Hand der Venus verwundete! Niemals lasse ich mich von euch zu solchen Kämpfen verleiten! Seit der Eroberung Trojas kämpfte ich nie mehr mit Teukrern, denke auch schwerlich mit Freude zurück an die Leiden von damals. Hier die Geschenke, die ihr aus eurer Heimat mir brachtet, schafft zu Aeneas! Wir fochten gegeneinander im harten Zweikampf: Ich weiß aus Erfahrung, glaubt mir, wie hoch er mit seinem Schutzschild sich aufreckt, wie kräftig den Speer er im Schwunge dann schleudert! Hätte noch Troja zwei weitre so tüchtige Helden besessen, wären die Teukrer sogar zu den griechischen Städten gekommen, müßte, nach völliger Umkehr des Schicksals, jetzt Griechenland trauern! Zog sich der Krieg um die Mauern von Troja so zäh in die Länge, waren es Hektor allein und Aeneas, die kämpfend den Griechen einen Erfolg verwehrten und volle zehn Jahre gewannen, beide hervorragend mutig, beide auch Meister im Kämpfen, freilich Aeneas an Pflichtgefühl größer. Vertragt euch, nach seinem Wunsche! Doch tretet ihm ja nicht zur Waffenentscheidung entgegen!' Damit erhieltest du, trefflichster König, die Antwort des Fürsten, kennst jetzt sein Urteil angesichts eines so furchtbaren Krieges.«“ [Vergil: Lied vom Helden Aeneas. Dichtung der Antike von Homer bis Nonnos, S. 17990 (vgl. Vergil-W, S. 419 ff.) (c) Aufbau-Verlag] ….. Das Ende des Diomedes wird verschieden erzählt: - Er soll in Daunos in hohem Alter gestorben sein. - König Daunos, sein Schwiegervater, soll ihn ermordet haben. - Zurückgekehrt in seine Heimat soll er in Argos oder auf einer der Diomedeischen Inseln gestorben sein. Nach Pindar Nemeische Oden 10,7f vergöttlichte Athene ihn nach seinem Tod: „Den Diomedes hat die blonde Helläugige einst zum unsterblichen Gott gemacht.“ [Pindar: Nemeen. Dichtung der Antike von Homer bis Nonnos, S. 9435 (vgl. Pindar-D, S. 164) (c) Insel-Verlag] ….. In Umbrien und in vielen Orten Unteritaliens, von denen einige behaupten von Diomedes gegründet worden zu sein, wurde er göttlich verehrt. Die Diomedeischen Inseln tragen seinen Namen, ebenso Diomedis campi und Diomedis promunturium. Beim Badfest der Göttin Athene in Argos wurde sein Schild neben ihrem Standbild in der Prozession getragen. Auch im messenischen Mothone wurde er durch die Sage mit Athene verknüpft und verehrt; Pausanias 4,35,8.