eine gesamtgenealogie der griechisch-mediterranen mythologie
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hymenaios
HYMENAIOS / HYMEN / HYMNOS Hochzeitsgott. Gott der Ehe und speziell der Eheschließung. Auch Hymnos oder Hymen genannt. ……. Die Etymologie ist bis heute noch unsicher, eine Verwandtschaft mit den Begriffen Band, Membran, Häutchen ist nicht ausgeschlossen. Dass er ein alter Indogermanischer Gott war ist anzunehmen. Als alter Gott dürfte er untergegangen sein, aber wiederauferstanden ist er als Personifizierung eines alten Lockrufes, der sich zu einem Hochzeitslied mit „hymnischem“ Klang entwickelt hat und als Hymen bezeichnet wurde. Das Singen der Hymenaios, der Hochzeitslieder, war fester Bestandteil der Hochzeitszeremonien beim einfachen Volk. ….. Vom Gesang entwickelte er sich zum Hochzeitsgott Hymenaios und wurde von späteren Schriftstellern als Göttlicher behandelt, erreichte aber nie die Bedeutung eines großen Gottes. Kalliope, Kleio, Terpsichore, Nais und Urania werden als Mutter genannt, Apollon soll der Vater sein. Auch Magnes 1 / 2 und Eioneus 1 werden als Väter genannt. ….. Erstmals in der Literatur personifiziert, erscheint er als Sohn einer Muse bei Pindar frg. 139. In dichterischer Freiheit wird er als schöner, junger, blond gelockter Genius, der bei seiner Hochzeit stirbt, beschrieben. Er ist in ein safrangelbes Gewand gehüllt; Ovid met. 10,2: „Von dort schreitet, umhüllt von dem Safrankleid, Hymenaeus Durch die unendliche Luft und wendet sich nach der Kikonen Küsten und wird umsonst von Orpheus' Stimme gerufen. Zwar willfahrt' er und kam, doch nicht hochzeitlichen Jubel Brachte er mit noch frohes Gesicht noch günstige Zeichen.“ [Ovid: Verwandlungen (Metamorphoses). Dichtung der Antike von Homer bis Nonnos, S. 12900 (vgl. Ovid-W Bd. 1, S. 236) (c) Aufbau-Verlag] ….. Als Attribute trägt er einen Kranz, eine Flöte und eine brennende Fackel, Ovid met. 1,480ff: „Viele wohl warben um sie; doch jene, den Werbenden abhold, Flüchtig und scheu vor dem Mann, durchstreift Einöden der Wälder, Und sie bekümmert sich nicht um Hymen und Amor und Ehe. »Tochter«, ermahnte sie oft ihr Vater, »ich harre des Eidams.« »Tochter«, ermahnte sie oft ihr Vater, »du schuldest mir Enkel.« Sie, der wie ein Vergehn hochzeitliche Fackeln verhaßt sind, Steht, im schönen Gesicht von züchtiger Röte begossen, Und mit schmeichelndem Arm umschlingend den Nacken des Vaters, Bittet sie: »Wehre mir nicht, geliebtester Vater, jungfräulich Immer zu sein. Einst hat es Diana vergönnt der Erzeuger.«“ [Ovid: Verwandlungen (Metamorphoses). Dichtung der Antike von Homer bis Nonnos, S. 12523 (vgl. Ovid-W Bd. 1, S. 17 ff.) (c) Aufbau-Verlag] ….. Die Mythen, Sagen und volkstümlichen Geschichten, die sich um ihn rankten, wurden in vier Hauptgruppen eingeteilt, - als Sohn einer Muse, - ein früh verstorbener Jüngling, - ein junger Mann, der Jungfrauen aus Räuberhänden rettet und - als Sohn von Aphrodite und Dionysos, sind aber so verworren und zum Teil unvollständig und widersprüchlich, dass sie keine einheitliche Gestalt des Gottes Hymenaios ergeben. Die Schriftsteller erzählten, - Hymenaios sei als Sohn einer Muse schon sehr früh verstorben, - an seinem Hochzeitstag wurde er von einem einstürzenden Haus erschlagen, - an seinem Hochzeitstag sei er entrückt worden, - bei der Hochzeit von Bacchus und Altheia habe er schöne Hochzeitslieder gesungen und sei gleich darauf gestorben, weshalb man bei Hochzeiten ihn angerufen und Hochzeits-Hymen gesungen habe, - bei der Hochzeit von Bacchus und Ariadne habe er seine Stimme verloren, - Asklepios habe ihn nach dem Tod wieder erweckt, - Hymenaios habe sich in Frauenkleidern bei Mysterienspielen unter Jungfrauen versteckt, um seiner Geliebten nahe zu sein. Seeräuber, die die Mädchen und ihn raubten, habe er auf einer fernen Insel im Schlaf erschlagen und sei nach Athen zurückgekehrt. Für die Befreiung der Jungfrauen habe man ihm seine Allerliebste zur Frau gegeben. ….. In einigen Lokalsagen, die zum Teil mit Kulten in Verbindung stehen dürften, wird Hymenaios mit der Knabenliebe in Zusammenhang gebracht. In Magnesia wurde Hymenaios als ein Sohn oder Enkel des Magnes gedacht, der eine Liebschaft mit Apollon gehabt haben soll. Auch Hesperos, Thamyris und Argynnos, die beiden Letzten gelten als Erfinder der Knabenliebe, werden als zarte Freunde genannt. In Syrien und Phrygien erzählte man ihn als Vater des Tantalos und des Askalos und als Gründer der Stadt Askalon. Je stärker Hymenaios aus der Phase des Vergessen-worden-sein heraus trat und wieder an Bedeutung gewann, umso stärker wurde sein Bezug zu Dionysos. Speziell zu Dionysos als Zeugungsgott, wobei Hymenaios sicher mehr Bezug zum Moment der Ehevollziehung hatte, ebenso als ausschließlicher Gott der Begattung – eben der Hochzeitsgott, dem Hymnen gesungen werden und der Gott des Vollzuges der Ehe, der dabei, das Hymen, das nach wie vor mit der „Hochzeit“ eng verbundene zarte Häutchen der Jungfräulichkeit, „stirbt“. …………….. Asklepios, der Schlaufuchs, erweckt das Hymen, den Hymenaios, mit jedem Mädchen das geboren wird, wieder zum Leben. In diesem Sinne ist Hymenaios der einzige Gott, der als schöner zarter Jüngling am Höhepunkt seiner Jugend, in dem Moment wo er zum Mann und die Jungfrau zur Frau wird, stirbt und durch Mädchen ständig neu geboren wird. ……………………….. Zweites Buch 61. Brautlied Collis o Heliconii Sproß Uranias du, der gern Auf dem Helikon wohnt und gern Hin zum Manne die zarte Braut Leitet, o Hymenäus du, Hymen, o Hymenäus: Winde duftenden Majoran Dir ums Haupt, und das Schleiertuch, Flammenfarbig, leg an, dann komm Freudig her, unterm weißen Fuß Safranfarbne Sandalen! Froh erregt von des Tages Lust, Laß erschallen im Jubelton Hochzeitslieder, im Reigenschritt Tritt den Boden, und in der Hand Schwing die fichtene Fackel! Denn zu Manlius Vinia kommt, Wie zum phrygischen Richter einst Venus kam auf des Ida Höhn; Reiches Glück wird der Edlen blühn, Die zur Ehe nun schreitet, Reichgeschmückt, wie die Myrte prangt, Wenn sie blühende Sprossen trägt, Und der himmlische Tau sie nährt, Den der Hamadryaden Schar Unter Spielen ihr spendet. Auf denn, lenke hierher den Schritt, Komm von Thespiäs Felsgeklüft Und den Grotten Aonias, Die mit kühlendem Naß der Quell Aganippe berieselt. Führ' ins Haus die Gebieterin, Die schon sehnend des Gatten harrt, Laß sie innig ihn an sich ziehn, Wie der kräftige Efeu eng Sich um Bäume herumrankt. Keusche Mädchen ihr, die ein Tag Gleichwie dieser dereinst beglückt, Auf, und stimmt in den Ruf mit ein, Laßt's erschallen: o Hymen du, Hymen, o Hymenäus, Daß er, hörend auf euren Ruf, Freudig tuend, was ihm obliegt, Her nun komme, der Venus stets Treu gesellt, und der gern vereint Die von Herzen sich lieben. Bangt den Liebenden, welcher Gott Ist am besten dann anzuflehn? Welchen Himmlischen muß der Mensch Höher ehren? o Hymen du, Hymen, o Hymenäus! Väter, bang um der Ihren Los, Flehn zu dir, und auf dein Gebot Lösen Mädchen ihr Busenband; Eifrig lauschend der Bräutigam Bang dein Nahen erwartet. Du entführst aus der Mutter Arm Ihr das blühende Töchterlein Und dem feurigen Ehgemahl Legst du's selbst in den Arm hinein, Hymen, o Hymenäus! Nichts was jedem begehrenswert Und was löblich kann ohne dich Venus wirken, sie kann's jedoch, Zeigst auch du dich geneigt: welch Gott Kann sich diesem vergleichen? Ohne dich kann an Kindern sich Keiner freun, noch der Vater sie Um sich scharen, er kann's jedoch, Zeigst auch du dich geneigt: welch Gott Kann sich diesem vergleichen? Wo man dich nicht geziemend ehrt, Da kann Krieger zum Grenzenschutz Kein Staat senden, er kann's jedoch, Zeigst auch du dich geneigt: welch Gott Kann sich diesem vergleichen? Auf nun, öffnet die Tore weit: Jungfrau, komm, und gewahrst du nicht, Wie hochlodernd die Fackeln sprühn? Schamvoll zagt sie und kämpft mit sich, Ach, und weint, daß sie gehn muß! Laß dein Weinen und sorge nicht, Denn kein schöneres Weib als du Hat zum Tage, der eben erst Glanzumflossen dem Meer entstieg, Je die Augen erhoben! Hyazinthen in farb'gem Schein, Wie sie Reiche in Gärten ziehn, Gleichst du selber an holdem Reiz: Doch du zauderst, der Tag entweicht: Komm, du junge Verlobte! Komm, o junge Verlobte du, Ist's genehm dir, und hör' auf mich: Sieh, die Fackeln in hellem Glanz Goldig schimmernde Funken sprühn: Komm, du junge Verlobte! Flatterhaft ist dein Gatte nicht, Er wird buhlenden Weibern nie Folge leisten und Schlechtes tun; Deinem blühenden Busen nie Fern zu sein wird er wünschen: Wie mit rankenden Zweigen fest Sich die Rebe um Bäume schlingt, So umfangen von deinem Arm Wird auch er; doch der Tag entweicht: Komm, du junge Verlobte! Wieviel Freuden, o Lagerstatt, Bist du willig, dem Eigner einst Darzubieten, zu nächt'ger Frist, Wie bei Tage! doch weicht der Tag: Komm, du junge Verlobte! Hoch, ihr Knaben, die Fackeln schwingt, Schon im Schleier die Braut sich naht, Auf, und fallt mit dem Rufe ein: Hymen hoch, Hymenäus, Heil, Hymen, o Hymenäus! Fescenninischem heiterm Spott Laßt nun endlich auch freien Lauf: Weigre Nüsse den Knaben nicht, Buhler du, den es schmerzt, fortan Früh'rer Lust zu entsagen! Nüsse spende dem Knabenschwarm, Träger Buhler: genug hast du Schon mit Nüssen gespielt, nun gilt's, Sich zu fügen ins Ehejoch: Nüsse spende, du Buhler! Früher hast du verächtlich nur Fraun vom Lande stets angeblickt, Jetzt jedoch wird das Haar dir bald Kurz geschoren: o Armer du, Nüsse spende, du Buhler! Salbenduftender Gatte du, Ungern trennst du von jenen dich, Die dir teuer, doch muß es sein: Hymen, hoch, Hymenäus, Heil, Hymen, o Hymenäus! Wohl ist's wahr, daß er nur getan, Was erlaubt, doch der Ehemann Darf nicht tun, was er sonst geübt. Hymen, hoch, Hymenäus, Heil, Hymen, o Hymenäus! Du auch, Braut, o erhöre stets Deinen Mann, daß er anderwärts Niemals suche, um was er fleht. Hymen, hoch, Hymenäus, Heil, Hymen, o Hymenäus! Sieh vor dir hier des Gatten Haus, Wie's so stattlich, so wohl versehn, Und das immer nun dein Besitz. Hymen, hoch, Hymenäus, Heil, Hymen, o Hymenäus! Bis mit zitterndem Haupt dereinst Silberhaarig, das Greisentum Dir, wie jedem voll Milde naht. Hymen, hoch, Hymenäus, Heil, Hymen, o Hymenäus! Glück mit dir, wenn du, schön-beschuht, Hin nun über die Schwelle schwebst, Und durchs schimmernde Tor zieh ein! Hymen, hoch, Hymenäus, Heil, Hymen, o Hymenäus! Sieh, wie drinnen dein Ehgemahl, Hingestreckt auf dem Purpurpfühl, Voll Verlangen nun deiner harrt! Hymen, hoch, Hymenäus, Heil, Hymen, o Hymenäus! Heiße, zehrende Liebeslust Ihn so feurig wie dich durchwogt, Doch ins Innerste dringt sie ihm. Hymen, hoch, Hymenäus, Heil, Hymen, o Hymenäus! Jetzt, o Knabe, des Bräutchens Arm, Voll und zierlich geformt, laß frei: Laß sie ziehn in das Ehgemach! Hymen, hoch, Hymenäus, Heil, Hymen, o Hymenäus! Ihr, o würdige Fraun, die ihr Euren Männern euch liebend fügt, Hebt aufs Lager die Jungfrau nun! Hymen, hoch, Hymenäus, Heil, Hymen, o Hymenäus! Kommen darfst du jetzt, Ehemann, Schon dein Weib in der Kammer harrt, Schön und blühend von Angesicht, Weiß wie Lilien und wie des Mohns Purpurfarbene Blume. Doch, beim Himmel, nicht minder schön Bist du selber, o Ehemann, Und an Reizen hat Venus nichts Dir versagt! Doch der Tag entweicht: Auf denn, säume nicht länger! Wohl! nicht lange gesäumt hast du, Schon erscheinst du, und hold mag dir Venus sein, da du offen nimmst, Was du wünschest, und nicht dich scheust, Reiner Liebe zu pflegen! Eher möchte der Wüste Sand Und der leuchtenden Sterne Heer Zählen einer, als daß er je Wissen könnte, wie tausendfach Eurer Liebe Genüsse! Kos't nur immer und schenkt der Welt Bald dann Kinder, denn solch Geschlecht, Altehrwürdig, darf kinderlos Nimmer bleiben, es muß vielmehr Stets sich wieder erneuern! Möcht' ein kleiner Torquatus dann Hoch empor von der Mutter Schoß Seine Händchen zum Vater hin Heben, während sein kleiner Mund Halb zum Lachen geöffnet. Ähnlich mög' er dem Vater sein, So daß jeder, der ihn erblickt, Ihn als Manlius' Sohn erkennt; Leb' auch fort in den Mienen ihm Seine züchtige Mutter! Lebe dann bei den Seinen fort Seiner trefflichen Mutter Ruhm, Wie Telemachus' Name nun Mit Penelope's Ruhmesglanz Eng für immer verbunden. Jungfraun, schließet die Türen nun, Sei's des Spieles genug: doch ihr, Edle Gatten, o lebt beglückt, Und genießet in frischer Kraft Alle Freuden der Jugend! [Catull: Gedichte. Dichtung der Antike von Homer bis Nonnos, S. 10985-10993 (vgl. Catull-G, S. 57-58)] 62. Hochzeitsgesang Vesper adest, iuvenes, consurgite: Vesper Olympo DIE JÜNGLINGE Auf, ihr Freunde, erschienen ist Hesperus, lange erwartet, Sendet er endlich sein glänzendes Licht vom Olympus herüber. Zeit ist's, sich zu erheben, das üppige Mahl zu beenden, Bald erscheint auch die Braut, und bald wird's festlich erschallen: CHOR Hymen, o Hymenäus, hierher komm, o Hymenäus! DIE JUNGFRAUEN Jungfraun, seht ihr die Männer? vereint geht ihnen entgegen, Hell schon über dem Öta der Stern des Abends hervorblinkt. Wohl, er ist's. Und gewahrt ihr auch wohl, wie hurtig sie schreiten? Eilen sie, hat es auch Grund: sie hoffen, im Sang zu obsiegen! CHOR Hymen, o Hymenäus, hierher komm, o Hymenäus! DIE JÜNGLINGE Leicht, ihr Freunde, ist's nicht, uns den Siegespreis zu erstreiten, Haben die Mädchen doch alles vorher gar reiflich erwogen, Und fürwahr, nicht umsonst: gar Treffliches läßt sich erwarten, Das steht sicher bevor, denn wohl bedacht ist ihr Handeln. Wir jedoch richten die Sinne auf eins und hören auf andres, Billig erliegen wir so, denn Mühn nur führen zum Siege: Nun, so sammelt doch heute mit festem Entschluß die Gedanken! Bald beginnen sie: ihren Gesang muß der unsre erwidern. CHOR Hymen, o Hymenäus, hierher komm, o Hymenäus! DIE JUNGFRAUEN Hesperus, welches Gestirn ist feindlicher uns als das deine? Du, der vermag aus den Armen der Mutter die Tochter zu reißen, Die nach Kräften sich sträubt, von der Mutter Arm sich zu trennen, Und dem begehrlichen Manne das züchtige Mädchen zu bringen! Wie kann schlimmer der Feind wohl eroberte Städte behandeln? CHOR Hymen, o Hymenäus, hierher komm, o Hymenäus! DIE JÜNGLINGE Hesperus, welches Gestirn ist freundlicher uns als das deine? Leuchtest du auf, so vollzieht sich der Bund, der Verlobte vereinigt, Wie's von den Männern zuvor und dem Elternpaare beschlossen, Doch nicht früher vollzogen, als bis du selber erschienen. Welche ersehnte, beglücktere Stunde vergönnt wohl die Gottheit? CHOR Hymen, o Hymenäus, hierher komm, o Hymenäus! DIE JUNGFRAUEN O ihr Schwestern, entführt hat uns Hesperus eine der Unsern! * * * DIE JÜNGLINGE Steigst du empor, so bewachen die Wächter beständig die Häuser, Nachts verbergen sich Diebe, die du, sobald du zurückkehrst, Oft am Morgen entdeckst, als Lucifer dann uns erscheinend. Aber es könnten die Mädchen wohl heucheln, indem sie dich schelten: Sollten sie, während sie schmähn, insgeheim dich herzlich ersehnen? CHOR Hymen, o Hymenäus, hierher komm, o Hymenäus! DIE JUNGFRAUEN Wenn verborgen im Gartengehege die Blume heranwächst, Nicht von Herden beachtet und nicht verletzt von der Pflugschar, Lüftchen zum Spiel, an der Sonne erstarkt, vom Regen gefördert, Dann gereicht sie so Knaben wie Mädchen zu herzlicher Freude: Doch rührt einer sie an mit der Fingerspitze und bricht sie, Dann hat Knabe und Mädchen an ihr nicht ferner Gefallen: So ist teuer den Ihren die rein verbliebene Jungfrau. Aber vergaß sie sich je und verlor sie die Blume der Unschuld, Dann verliert sie bei Knaben und Mädchen die früheren Reize. CHOR Hymen, o Hymenäus, hierher komm, o Hymenäus! DIE JÜNGLINGE Wenn auf nacktem Gestein eine einsam wachsende Rebe Nicht vom Boden sich hebt, noch köstliche Trauben hervorbringt, Sondern zu schwach für ihr eignes Gewicht zum Boden hinabsinkt, Und bis tief zu der Wurzel die obersten Ranken sich neigen, Dann wird weder das weidende Vieh noch der Landmann sie schätzen; Aber sobald sie, der Ulme gesellt, sie bräutlich umwindet, Dann weiß trefflich der Landmann wie weidendes Vieh sie zu schätzen: Ähnlich die ledig gebliebne, die einsam alternde Jungfrau! Ward ihr jedoch zur passenden Zeit ein geeigneter Gatte, Teuer dann wird sie dem Manne und minder beschwert sie den Vater. CHOR Hymen, o Hymenäus, hierher komm, o Hymenäus! Jungfrau, du nun hadre mir nicht mit solchem Gemahle! Unrecht wär's, zu bekämpfen den Mann, den Vater und Mutter Dir zum Gatten gegeben, und ihnen ziemt's zu gehorchen! Nicht dir allein nur gehört dein Mädchentum, denn ein Anrecht Gleich dem deinen besitzen daran so Vater wie Mutter; Nur ein Drittel ist dein: so führe nicht Kampf mit den beiden, Die ihr Recht mit der Mitgift zugleich übertragen dem Eidam! CHOR Hymen, o Hymenäus, hierher komm, o Hymenäus! [Catull: Gedichte. Dichtung der Antike von Homer bis Nonnos, S. 10994ff (vgl. Catull-G, S. 66)] ............................. Epigramm Baukis, der Braut, gehöre ich. Gehst du vorbei an der Säule, die von Tränen noch feucht, rufe zum Hades hinab: »Neidisch benimmst du dich, Hades!« Und liest du die deutlichen Zeichen, künden vom Schlage sie, der Baukis so fürchterlich traf: Mit der Fackel, zu der die Hochzeitsgesänge erschollen, steckte der Bräutigam den Holzstoß der Jungfrau in Brand. Du, Hymenaios, mußtest das Lied zum Reigen der Hochzeit umwandeln in den Gesang schmerzlicher Klage und Not. [Erinna: [Lyrik]. Dichtung der Antike von Homer bis Nonnos, S. 2819 (vgl. Griech. Lyrik, S. 433) (c) Aufbau-Verlag http://www.digitale-bibliothek.de/band30.htm ]