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minyas
MINYAS Eponym der Minyer, eines alten griechischen Volksstammes um das boiotische Orchomenos. Erstmals literarisch erwähnt werden sie von Homer Ilias 2,511ff: „Die Bewohner des minyschen Orchomenos und Aspledons führte Askalaphos, mit ihm Ialmenos, Söhne des Ares; Astyoche gebar sie dem kraftvollen Kriegsgott im Hause Aktors, des Sohnes des Azeus; es hatte das schüchterne Mädchen heimlich in ihrem Zimmer von ihm umarmen sich lassen. Sie befuhren das Meer mit dreißig bauchigen Schiffen.“ [Homer: Ilias. Dichtung der Antike von Homer bis Nonnos, S. 4675 (vgl. Homer-W Bd. 1, S. 37) (c) Aufbau-Verlag] Odyssee 11,281ff: „Chloris, die schöne, erblickte ich dann, die Neleus einst freite, ihrer Anmut zuliebe, für reichliche Bräutigamsgaben. Jüngste Tochter des Sohns des Iasos war sie, Amphions, der die minyische Stadt Orchomenos kraftvoll beherrschte. Königin war sie in Pylos, gebar dort stattliche Söhne, Nestor und Chromios und Periklymenos auch, den berühmten; …..“ [Homer: Odyssee. Dichtung der Antike von Homer bis Nonnos, S. 5731 (vgl. Homer-W Bd. 2, S. 172) (c) Aufbau-Verlag] Der Volksstamm wird auch Minyes genannt. ….. Die Berichte der Alten über dieses Volk sind weit verbreitet und verschwommen. Sie wurden überwiegend als Teil der Nachkommen des Aiolos angesehen (-Sisyphos-Almos-Chrysogeneia-Chryses 3 - Minyas), von denen die meisten aus Thessalien ausgewandert sind. Die Minyer ließen sich im nördlichen Boiotien nieder, gründeten die Stadt Orchomenos und lebten dort viele Generationen. Dieses kulturell hoch entwickelte Volk errichtete u. a. das Kuppelgrab (Pausanias nennt es Schatzhaus, Schliemann hat es ausgegraben) des Minyas und Deichbauten am Kopaissee. Obwohl Pausanias 4,27,10 bei der Schlacht von Leuktra, 371 v. Chr., noch von Minyern in Orchomenos spricht, ist das Volk als Ganzes aber seit ca. Ende des 2. Jahrtausends v. Chr. verschollen. Bereits ca. 1200 v. Chr. zog ein Teil der Minyer an die Küste von Kleinasien; die Herrscher von Milet behauptete von den Minyern abzustammen. Beim Zug gegen Troia nahmen die Minyer mit 30 Schiffen teil. Ihre Verknüpfung, oft fast Gleichsetzung mit den Argonauten sind Konstruktionen aus der Zeit nach Homer und lassen das Volk selbst im Dunkeln; Herodot 4,145ff; Pausanias 7,2,2; Apollonios von Rhodos 1,228ff: „Soviel waren um Jason beratende Helfer versammelt; Minyer wurden die Helden von ringsum wohnenden Nachbarn Allegesamt genannt, weil sich die meisten und besten Rühmten, daß sie entstammten dem Blute von Minyas' Töchtern, Wie ja den Jason selber Alkimede, Klymenes' Tochter, Aus des Minyas' Stamm als seine Mutter geboren.“ [Apollonius von Rhodos: Die Argonauten. Dichtung der Antike von Homer bis Nonnos, S. 918 (vgl. Apollonios-Argon., S. 9) (c) Sammlung Dieterich Verlagsgesellschaft mbH] Pindar Olympische Oden 14,14ff: „Herrin Aglaia und Gesangsfreundin Euphrosyne, ihr Kinder des stärksten der Götter, höret nun - und du, gesangliebende Thalia -, wenn du siehst diesen Zug ob glücklicher Fügung leicht schreiten. Denn den Asopichos in der lydischen Weise und mit Sorgfalt besingend kam ich, weil Olympiasiegerin Minyeia geworden ist durch deine Hilfe.“ [Pindar: Olympien. Dichtung der Antike von Homer bis Nonnos, S. 9331 (vgl. Pindar-D, S. 66) (c) Insel-Verlag] ...... Minyas ist, wie die meisten Eponyme, als Mensch kaum fassbar. Poseidon, Eteoklos, Almos, Aleos, Olmos, Aiolos 1 direkt und Chryses 3, Nachkomme des Aiolos in der 5. Generation, werden als Väter genannt. Ebenso wird Orchomenos 9 abwechselnd als Vater, Bruder oder Sohn des Minyas bezeichnet. Beim Schol. Pindar Isthm. 1,79 ist Ares sein Vater. Alkathoe / Alkithoe, Leukippe 3 / Leukonoe 2, Arsinoe 19 / Arsippe, Orchomenos, Kyparissos 1, Klymene 4 / Periklymene 1, Diochthondas, Presbon 2, Eteoklymene, Athamas 2 und sogar Persephone, in ihrem Fall wird er als Gott gedacht, werden als Kinder angegeben. ….. Als Gründer der Stadt Orchomenos, soll er aus Iolkos gekommen sein, ebenso erklärt Strabon 9,414 gegenteilig, dass Minyas von Orchomenos nach Iolkos gezogen und die Stadt gegründet haben soll. Durch diese Verknüpfungen erscheint Minyas auch in vielen Mythen außerhalb von Boiotien und erscheint deshalb in verschiedenen Genealogien: 1. Im Zusammenhang mit Orchomenos. Zeus oo Hesione 3a – Orchomenos 9 oo Hermippe – Minyas oo Phanosyra – Orchomenos 9, Klymene 4. Poseidon oo Hermippe – Minyas oo Phanosyra – Orchomenos 9, Klymene 4. Eteoklos – Minyas, Orchomenos 9. Ares – Minyas. Aleos – Minyas. 2. Im Zusammenhang mit der phokisch-attischen Kephalossage. Minyas – Klymene 4 oo Iasos 2 – Atalanta 4B. Poseidon – Minyas oo Euryanassa – Klymene 4 oo Phylakos 1 (Bruder desKephalos 1). 3. Im Zusammenhang mit Phokis und dem Parnass. Minyas oo Euryale – Klymene 1 oo Helios – Phaethon. Minyas – Kyparissos. Minyas – Arsippe (Arsinoe 19), Alkathoe (Alkithoe), Leukippe (Leukonoe 2). 4. Im Zusammenhang mit Orchomenos und Thessalien. Aiolos 1 – Sisyphos – Almos – Poseidon oo Chrysogone – Minyas – Kyparissos, Elara. Aiolos 1 – Sisyphos – Almos – Poseidon oo Chrysogeneia – Chryses 3 – Minyas. Aiolos 1 – Sisyphos – Olmos – Minyas – Orchomenos 9. Minyas oo Phanosyra (Tochter des Paion) – Orchomenos 9, Diochthondes, Athamas 2. Minyas oo Klytodora – Presbon 2, Periklymene 1 (oo Pheres 1 – Admetos), Eteoklymene (- Alkimede 1 – Iason). Minyas – Persephone oo Iasos 2 – Amphion 3 – Chloris 4 oo Neleus. Aiolos – Tritogeneia oo Poseidon - Minyas. Okeanos – Kallirrhoe 1 oo Poseidon – Minyas. (Frei nach Paulys Realencyclopädie der klassischen Altertumswissenschaft, Band 15,2 Seiten 2015 bis 2018.) …… Zwei Tatsachen werden einheitlich überliefert; er war der Vater der Klymene 4 und sehr reich; Pausanias 9,36,4: „....Dieser Minyas hatte so gewaltige Einkünfte, daß er alle, die vor ihm lebten, an Reichtum übertraf; soweit wir wissen, ist er der erste Mensch, der zur Aufbewahrung von Geldern ein Schatzhaus baute. Die Griechen aber sind stark darin Ausländisches mehr zu bestaunen als Einheimisches, so daß sogar angesehenen Männern in ihren Schriften daran lag, die Pyramiden der Aigyptern aufs genaueste zu erklären, das Schatzhaus des Minyas und die Mauern von Tiryns aber nicht einmal erwähnten, obwohl diese nicht weniger bewunderungswürdig sind.“ ……… Bekannt sind auch die drei Töchter des Minyas, die Minyades, obwohl der Vater in diesem Sagenkreis keine Rolle spielt: Die drei Töchter des Minyas von Orchomenos, Alkathoe, Arsinoe und Leukippe 3, auch Alkithoe, Arsippe und Leukonoe 2 genannt, weigerten sich standhaft den von allen anderen Orchomenierinnen bereits gefeierten orgiastischen Kult des Dionysos anzuerkennen und blieben nüchtern (trocken) und keusch. Brav lebten sie im Haus und an ihren Spinnrädern, Leukippe spielte mit ihrem kleinen Söhnchen Hippasos 4. Plötzlich, wie ein göttliches Wunder, erklang zarte Musik, herrliche Düfte zogen durch das Haus, die Wolle an den Spinnrädern verwandelte sich in Weinreben und Efeu, Honig und Milch tropfte von der Decke. Schlangen krochen aus den Nähkörben, verzweifelt versuchten die drei Schwestern sich zu verstecken. Krachend erbebte das ganze Haus, Fackelfeuer leuchteten auf, wilde Tiere brüllten – nun wurden auch die drei Schwestern von der bakchiantischen Raserei angesteckt. Sie ergriffen den kleinen Hippasos, zerrissen ihn und schwärmten tanzend hinaus in die Berge. Die orchomenischen Mainaden wollten aber von den Blutbefleckten nichts wissen. ...... Diese Sage wird in vielen Variationen erzählt, u. a.: Dionysos persönlich erscheint in der Form eines jungen Mädchens und versucht freundlich die drei Schwestern zu überreden, umsonst. Er erscheint in den verschiedensten Formen, als Stier, Löwe und Panther, immer wieder, die Drei bleiben standhaft. Plötzlich wird er wütend, schlägt die drei Frauen mit Wahnsinn, sie erfassen im Wahn den kleinen Hippasos, zerreißen ihn und ziehen tanzend hinaus in die Berge. In allen Variationen endet die Sage immer gleich. Hermes erbarmt sich der drei Töchter des Minyas und verwandelt sie: In eine Fledermaus, eine Eule und einen Raben. Alle drei scheuen das Tageslicht; Antoninus Liberalis 10. ….. Plutarch verweist auf das zu seiner Zeit noch gefeierte orchomenische Fest Agrionia, das den rituellen Hintergrund dieser dichterisch ausgeschmückten Sage darstellt: Ein im Frühling zur Nachtzeit gefeiertes Dionysosfest, bei dem Frauen aus dem „Geschlecht der Minyaden“ im Wald rituell den verschwundenen Gott Dionysos suchen mussten und von einem, den Gott vertretenden Priester verfolgt wurden. Erwischte er eine Frau, dann durfte er sie mit dem Schwert töten. Offensichtlich ein letztes Beispiel von Menschenopfern. ……… Die in der Archäologie als „minyisch“ bezeichnete Keramik ist aus vormykenischer Zeit, also älter als 3600 Jahre.