eine gesamtgenealogie der griechisch-mediterranen mythologie
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sychaeus
SYCHAEUS / SYCHAIOS / SICHARBAL / ACHERBAS Ursprünglich Sicharbal oder Acherbas; Vergil hat aus metrischen Gründen zu diesem Namen die Kurzform Sychaeus erfunden. Onkel des Pygmalion 1, des Königs von Tyros, und der Theiosso / Elissa / Dido, mit der er auch verheiratet war. ….. Da die Namen Dido, Elissa, Anna, Mutto, Acherbas u. s. w. semitischen Ursprungs sind wird angenommen, dass die Elissa-Sage Elemente eines phönizischen Mythos enthält, bzw. dass Dido ursprünglich eine phönizische Gottheit, u. U. der ehelichen Treue, gewesen ist. Meltzer vertritt die Annahme, dass Elissa und Sicharbal ursprünglich ein karthagisches Götterpaar gewesen ist, das unter griechischem Einfluss vermenschlicht wurde. Die Selbstverbrennung der Elissa führte zu ihrer Vergöttlichung, sie wurde zur Stadtgöttin von Karthago und mit der autochthonen libyschen Totengöttin Tanit gleichgestellt. Ein Gott Sicharbal wurde aber nicht überliefert; vielleicht ist er eine literarische Erfindung und wurde erst später in die Elissa-Sage eingebaut. ….. Die ursprüngliche Gründungssage der Stadt Karthago wird von Timaios überliefert, ist aber leider nur in Bruchstücken erhalten: Aus Habgier ermordet Pygmalion, der König von Tyros, seinen, hier noch namenlosen Onkel und Gemahl seiner Schwester Theiosso / Elissa. Die Witwe flieht mit den Schätzen ihres Gatten und einigen Begleitern nach Lybien und gründet dort Karthago. Die Ureinwohner gaben ihr den Namen Deido. Als der libysche Barbarenkönig ihre Hand verlangte und dabei von ihren tyrischen Gefährten unterstützt wurde, entzog sie sich aus Treue zu ihrem ermordeten Gatten dieser Verbindung durch Selbstverbrennung auf einem Scheiterhaufen. ….. Zitat aus Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaften, Band IV A 1, Seite 1013: - In die Lücke tritt hier das ziemlich eingehende Exzerpt des Justinus aus den philippischen Geschichten des Trogus Pompeius ein (XVII 4-6). Der Gatte der Elissa heißt hier Sicharbas (so ist mit Gutschmid Kl. Schr. II 64 für das überlieferte „Acherbas“ einzusetzen), ist Oheim der beiden königlichen Geschwister von Tyros und als Priester des Herakles der erste Mann nach dem König. Die Gier nach dem großen verborgenen Schatz veranlaßt den Neffen, ihn ermorden zu lassen. Elissa hält sich in gerechtem Zorn lange Zeit vom Hofe fern. Endlich fasst sie mit einigen unzufriedenen Großen zusammen den Plan zur Flucht. Sie kündigt ihrem Bruder die Absicht an, wieder zu ihm zurückzukehren, und erhält von ihm Schiffe und Begleiter für die Seereise. Unterwegs veranlasst sie die Leute zur Versenkung einiger schwerer Säcke, in denen Sand ist, und spielt ihnen dass eine Komödie vor. Sie ruft den Toten Gatten zur Entgegennahme der für ihn versenkten Schätze, die ihm das Leben gekostet hätten, und weiß dann ihre Begleiter durch die Drohung mit der Rache des habgierigen Königs für die angeblichen Schätze zu Genossen der Flucht zu gewinnen. Nach der Gründung von Karthago begehrt auch hier der Afrikanerfürst Iarbas ihre Hand und wird von den Karthagern darin unterstützt. Da gibt die Königin scheinbar nach, rüstet dem verstorbenen Gatten ein großes Totenopfer zur Sühne der Untreue und begeht dann auf dem Scheiterhaufen Selbstmord mit dem Ruf: „Ich gehe zum Gatten, wie Ihr mich geheißen“. ….. Vergil Aeneis 1,336ff: „Da sprach Venus: »Ich habe kein Recht auf göttliche Ehrung. Mädchen von Tyros tragen gewöhnlich den Köcher und schnüren purpurne Jagdstiefel hoch um die Waden. Hier hast du vor Augen punischen Herrschaftsbereich, die Festung Agenors und Tyrier. Libyen heißt das Gebiet, sein Volk sind trotzige Krieger. Dido regiert. Sie stammt aus Tyros, geflohen vor ihrem Bruder. Langwierig ist die Geschichte des Unrechts, der Hergang ziemlich verwickelt. Ich möchte dir nur das Wichtigste sagen. Dido war mit Sychaios vermählt, Phöniziens reichstem Grundbesitzer. Ihn liebte heiß die bemitleidenswerte Herrin; sie hatte noch keiner begehrt, bevor sie der Vater jenem zur Frau gab. Doch über Tyros herrschte der Bruder Didos, Pygmalion, ein ganz außergewöhnlicher Schurke. Rasender Haß auf den Gatten befiel ihn, und vor dem Altare, gottlos, vor Geldgier blind, aus dem Hinterhalt, schlug er den völlig Arglosen tot; so gleichgültig war ihm die Liebe der Schwester. Lange verheimlichte er die Schandtat und täuschte mit leeren Hoffnungen tückisch die unverwandt liebende traurige Gattin. Aber im Traume erschien ihr der unbestattete Tote, wandte gespenstisch sein bleiches Gesicht ihr entgegen, enthüllte, was am Altar an Greueln geschehn, wie der Stahl ihn durchbohrte, deckte rückhaltlos auf den verborgenen Schandfleck des Hauses. Schleunige Flucht aus der Heimat riet er danach der Gemahlin, nannte als Mittel zur Reise ihr alte, im Erdreich verborgne Schätze an Gold und Silber, von denen kein anderer wußte. Dido entschloß sich zur Flucht und suchte sich treue Gefährten. Bitterer Haß auf den Herrscher, lähmende Furcht auch vereinte viele. Seetüchtiger Schiffe bemächtigten sie sich, beluden sie mit dem Golde, entführten den Schatz vor der Habgier des Fürsten über das Meer. Es lenkte Dido als Frau das Geschehen. Dorthin gelangten sie, wo du jetzt siehst die gewaltigen Mauern, auch das allmähliche Wachsen der Burg des neuen Karthago; so viel vom Boden hatten gekauft sie - es heißt ja auch Byrsa -, wie man mit einer Stierhaut bequem zu umfassen vermochte. Aber zu euch jetzt: Wer seid ihr? Von woher seid ihr gekommen? Wohin führt euch der Weg?« So fragte sie.“ [Vergil: Lied vom Helden Aeneas. Dichtung der Antike von Homer bis Nonnos, S. 17539 (vgl. Vergil-W, S. 149 ff.) (c) Aufbau-Verlag] …. Als Aineias, dem Auftrag des Geistes seines Vaters folgend, nach der Ankunft in Italien mit der Sibylle von Cumäa in die Unterwelt hinab stieg, traf er den „Fluren der Trauer“, jener Abteilung, in der die unglücklich verliebten Verstorbenen verweilen, den Schatten der Dido. Sie, die ihn einst so innig liebte und die er so schändlich verlassen hat, dass sie sich aus Verzweiflung selbst den Tod gab, wandelte hier mit dem Schatten des Sychaios, ihres ehemaligen Ehemannes, der auch jetzt noch ihre Gefühle erwiderte; Aeneis 6,449ff: „Unter den Schatten durchirrte, mit frisch noch blutender Wunde, auch die Phönizierin Dido das Dickicht. Sobald ihr Aeneas nahekam und durch die kaum durchdringbare Nacht sie erkannte - wie man bei Monatsbeginn den Mond durch düstere Wolken aufsteigen sieht, nein, besser, sich einbildet, ihn zu erblicken -, kamen ihm Tränen, er sagte zu ihr voll inniger Liebe: »Unglückgeschlagene Dido, so stimmt die Nachricht, du wärest nicht mehr am Leben, du hättest dich selber durchbohrt mit dem Schwerte? Wehe, verschuldete ich, daß du starbst? Ich kann bei den Sternen schwören, den Himmlischen, allem auch, was man im Erebus anruft: nur widerstrebend, Herrin, schied ich von deinem Gestade. Doch die Befehle der Götter, die jetzt mich zum Gang durch die Schatten, Stätten voll Moder und Schmutz, durch nächtliche Düsternis zwingen, trieben gewaltsam mich fort. Ich konnte wahrhaftig nicht glauben, daß dir mein Aufbruch so furchtbare Qualen zufügen würde. Bleibe doch stehen! Lasse mich, bitte, dich schauen! Du möchtest fliehen vor mir? Hier gönnt mir das Schicksal, dich letztmals zu sprechen.« Derart versuchte Aeneas den glühenden Zorn und die finstren Blicke Didos freundlich zu mildern, selbst bitterlich weinend. Abgewandt, hielt sie die Augen fest auf den Boden geheftet, zeigte von seinen Worten sich ebenso wenig beeindruckt wie ein gefühlloser Kieselstein oder marpesische Klippen. Heftig wandte sie schließlich sich ab und suchte erbittert Zuflucht im schattigen Hain, wo ihr einstiger Gatte Sychaios ihre Gefühle erwiderte, würdiger Partner der Liebe. Aber Aeneas auch blickte, von dieser Trennung erschüttert, lange in Tränen ihr nach; ihn schmerzte ihr Scheiden aufs tiefste.“ [Vergil: Lied vom Helden Aeneas. Dichtung der Antike von Homer bis Nonnos, S. 17764 (vgl. Vergil-W, S. 282 ff.) (c) Aufbau-Verlag]