eine gesamtgenealogie der griechisch-mediterranen mythologie
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teiresias
TEIRESIAS Der berühmte blinde thebanische Seher. Sohn der Nymphe Chariklo 2 und des Eueres 1, eines Nachkommen des Spartoi Udaio 4, Vater der Manto (Daphne), der Chloris 6 und der Historis. Drei Variationen seiner Erblindung werden überliefert: 1. Apollodoros 3,69 ff: Die Götter nahmen ihm das Augenlicht, weil er als Seher göttliche Geheimnisse verriet. Athena wusch ihm die Ohren, dadurch erhielt er die Gabe die Sprache der Vögel zu verstehen und schenkte ihm einen Stab aus dem Holz der Kornelkirsche, mit dem er wie ein Sehender gehen konnte. 2. Pherekydes aus Syros und Kallimachos: Athena raubte ihm das Augenlicht, weil er sie im Bade nackt gesehen hatte (vergl. Aktaion >). Chariklo 2, die Mutter des Teiresias und Lieblingsnymphe der Athena, bat die Göttin um Gnade. Athena schenkte ihm die Gabe des zweiten Gesichtes, langes Leben und die einzigartige Gunst, nach seinem Tod im Hades den Verstand nicht zu verlieren. Diesen Umstand erwähnt erstmals Homer, Odyssee 10,488ff: „Göttlicher Laertiade, erfindungsreicher Odysseus, Nein, ihr sollt wider Willen in meinem Haus nicht länger Bleiben; du musst aber erst eine andere Reise vollenden, Geh in des Hades Haus und der schrecklichen Perephoneia, Um des Teiresias Seele, des blinden Sehers aus Theben, Dort zu befragen, dem unversehrt seine Sinne geblieben; Ihm gab Persephoneia Verstand und reges Bewusstsein, ihm allein noch im Tode; die anderen schwirrten als Schatten.“ (Homer: Odyssee, in der Übersetzung von Roland Hampe. Stuttgart: Phillip Reclam jun. GmbH & Co, 1979.) 3. Nach der Melampodeia (Hesiod zugeschrieben und von Ovid met. 322-338 leicht geändert nacherzählt): Teiresias beobachtete ein Schlangenpaar bei der Paarung und erschlug das Weibchen. Zur Strafe wurde er auf der Stelle in eine Frau verwandelt und genoss die Genüsse des Lebens als Frau. Nach sieben Jahren erblickte er wieder zwei Schlangen bei der Paarung, tötete das Männchen und wurde wieder in einen Mann zurückverwandelt. Um diese Zeit stritten sich Zeus und Hera, wer beim Liebesleben mehr sinnlichen Genuss habe, der Mann oder die Frau. Sie fragten den unparteiischen Teiresias, er war ja der einzige Mensch der beides erlebt hatte. Als Teiresias der Frau einen neunmal höheren Genuss, „sich in der Seele freuend“, zuschrieb, wurde Hera wütend und blendete ihn. Zeus aber verlieh ihm lächelnd die Sehergabe und siebenfache Lebensdauer. Eustathios erzählt hier eine Geschichte: Teiresias, verwandelt in eine Frau, habe ein Liebesabenteuer mit dem schönen Kallon gehabt und den Strabon, den „Schieler“, geboren. Wohl eine Anspielung auf die „kreuzweise“ Erfahrung des Sehers in Liebeserfahrungen. …… Weil Teiresias sieben Leben lang lebte war er Seher der ersten fünf Generationen der thebanischen Könige und kommt in vielen Sagen der griechischen Mythologie vor. Beispiele: Leiriope, eine Nymphe, brachte den Narcissus zur Welt und fragte den damals noch unbekannte Seher Teresias, ob ihr soeben geborener Sohn lang lebe. Teresias antwortete: „Wenn er sich niemals selbst kennt.“ Sechzehn Jahre später, als der in sich selbst verliebte Narcissus sein Spiegelbild in einem Teich umarmen wollte und dabei ertrank, erkannte man die Bedeutung der Prophezeiung und Teresias wurde berühmt. Als Dionysos in Theben einzog und von Pentheus brutal bekämpft wurde, warnte ihn Teiresias; Euripides, Bakchen 270ff: „Ein Mann, in keckem Mute stark und sprechgewandt, Ein schlechter Bürger ist er, hat er nicht Vernunft. Eben der Gott, der neue, den du so verhöhnst, Ganz unaussprechbar ist mir, wie er groß an Macht In Hellas sein wird. Zweierlei steht, junger Mann, Den Menschen ja voran: Göttin Demeter – s` ist Die Erde, gib ihr welchen Namen du auch willst – Die nährt mit ihrer trocknen Frucht die Sterblichen; Der danach kam, der Semele Sproß, erfand – an Wert Ihr gleich – der Rebe feuchten Trank, führt´ ein ihn bei Den Menschen, der die armen Sterblichen befreit Vom Leid, wenn sie sich laben an des Weinstocks Saft, Schlaf ihnen schenkt, Vergessen aller Mühn des Tages; Kein andres Mittel heilt wie dieses Qual und Not. Man spendet ihn den Göttern, ihn, den Gott als Wein; Durch ihn wird Gutes so dem Menschenvolk zuteil. Du lachst ihn aus, …… …..Wahn treibt dich, schlimmster Wahn; und nicht durch Arzenei Wirst du geheilt noch ohne sie, bleibst vielmehr – krank!“ Alkmene heiratete Amphitryon, verlangte aber von ihm, dass er vor dem Vollzug der Ehe ihre von den Taphiern ermordeten Brüder rächen müsse. Amphitryon rüstete ein Heer, besiegte die Taphier, kehrte mit heißem Liebesverlangen zu seiner Angetrauten zurück und war enttäuscht, dass er nicht sehnsüchtigst empfangen wurde. Alkmene, befragt, wunderte sich und erklärte ihm, dass er doch schon bereits am Vortag gekommen sei, vom Sieg erzählt habe, und mit ihr gespeist und eine wunderschöne Nacht verbracht habe. Amphitryon, noch mehr verwundert, befragte Teiresias. Der Seher erklärte ihm, dass Alkmene unschuldig ist. Zeus persönlich, in seiner, des Amphitryon Gestalt, habe am Vortag mit Alkmene das Wiedersehen und die wegen besonderem Genuss dreimal verlängerte Hochzeitsnacht gefeiert. Am Höhepunkt seines Ruhmes war Teresias, als er dem stolzen König Oidipus erklärte, dass er Inzest begangen und seinen eigenen Vater ermordet habe; Sophokles, Ödipus 449ff: „Ich sag dir aber, dieser Mann, den lang Du suchst, drohend und ausrufend den Mord An Laios: dieser Mann ist hier! Ein Fremder, So sagt man, Zugewanderter, doch dann Wird vollbürtig, Thebaner! er zu Tage treten Und sich nicht freun der Wendung! Blind Statt sehend, Bettler statt reich: ins fremde Land, Vortastend mit dem Stabe, wird er wandern! Es wird zu Tage treten: mit den eigenen Kindern Lebt er zusammen, der gleiche Mann: Bruder und Vater, von dem Weib, Dem er entsprossen, Sohn und Gatte, und des Vaters Ehegenoß und Mörder! - …….“ Vor dem Angriff der Argiver (Sieben gegen Theben) auf Theben warnte Teresias König Kreon, dass Theben fallen werde, wenn nicht der Thebaner, der von beiden Eltern Nachkomme der Spartoi ist und noch nie mit einer Frau geschlafen habe, dem Kriegsgott Ares geopfert werde. Nur einer entsprach, Menoikeus, noch fast ein Knabe, der jüngste Sohn des Königs. Kreon weigerte sich seinen Sohn zu töten, aber Menoikeus opferte sich und sprang von der höchsten Zinne der Stadtmauer in den Tod. ….. Euripides; Die Phoinikierinnen: TEIRESIAS. Ging's nur Eteokles an, schlöß den Mund ich, schwiege von den Orakeln. Doch da du sie wissen möchtest, will ich sie künden. Denn schon lange, Kreon, leidet dies Land, seit Laios Vater ward, zum Trotz den Göttern, den Mann der Mutter zeugte, Oidipus, den armen. Des Augenlichtes blutige Zerstörung war ein Götterwerk, für Griechenland ein warnend Beispiel. Die Söhne nun des Oidipus, sie wollten's bergen im Schoß der Zeit, um so den Göttern zu entrinnen - sie irrten töricht! Denn dem Vater weder Ehren noch Freiheit gönnend, brachten sie den Unglücklichen nur auf, und grauenvolle Flüche stieß er gegen sie aus, ein Kranker und dazu verachtet noch. Und ich, was tat und welche Worte sprach ich nicht und ward verhaßt den Söhnen nur des Oidipus? Der Tod von eigner Hand ist ihnen nahe, Kreon. Und viele Leichen, über Leichen hingestürzt, die erst Argeier- und Kadmeierwaffen kreuzten, sie werden bittres Leid dem Land von Theben bringen. Du, unglückliche Stadt, wirst mit zerstört, wenn keiner gehorchen sollte meinen Worten. War es doch das Wichtigste: Vom Stamm des Oidipus sei niemand ein Bürger oder Herr des Landes; denn vom Daimon sind sie besessen, werden nur die Stadt vernichten! Doch weil das Böse stärker als das Gute ist, gibt es nur eine Möglichkeit der Rettung noch. Ich aber - sprechen ist für mich nicht ungefährlich, für jene aber bitter, die das Schicksal tragen, der Stadt das Rettungsmittel darzubieten -, ich will gehn. Lebt wohl! Als einer unter vielen werde - tut's not - ich dulden, was da kommt. Was schert es mich? KREON. Bleib hier noch, alter Mann! TEIRESIAS. So halte mich nicht auf! KREON. Bleib doch! Du fliehst? TEIRESIAS. Dein Schicksal flieht vor dir, nicht ich. KREON. Sag, was den Bürgern und der Stadt die Rettung bringt! TEIRESIAS. Jetzt willst du es noch wissen, aber bald nicht mehr. KREON. Wie sollte ich dem Vaterland nicht Rettung wünschen? TEIRESIAS. Du willst es wirklich hören? Hegst den ernsten Wunsch? KREON. Worauf soll ich noch eifriger mein Streben richten? TEIRESIAS. So magst du meine Göttersprüche hören denn. Doch will ich folgendes zuerst genau erfahren: Wo ist Menoikeus, der mich bis hierher geleitet? KREON. Er steht nicht weit entfernt, nein, ganz dicht neben dir. TEIRESIAS. Fort soll er gehen jetzt, weit fort von meinen Sprüchen. KREON. Mein Sohn wird, ist es nötig, seine Zunge hüten. TEIRESIAS. Ich soll es wirklich dir in seinem Beisein künden? KREON. Mit Freude wird er von dem Rettungsmittel hören. TEIRESIAS. Erfahre jetzt den Inhalt meiner Göttersprüche! Erfüllt ihr sie, könnt ihr die Kadmosstadt erretten: Du mußt Menoikeus, deinen Sohn, fürs Vaterland zum Opfer bringen - rufst du selber doch das Schicksal! KREON. Was sagst du? Was hast du da ausgesprochen, Alter? TEIRESIAS. Der Wirklichkeit mußt du dich unabdingbar fügen. KREON. Oh, vieles Bittre sagtest du in kurzer Zeit! TEIRESIAS. Für dich nur bitter - für die Heimat hohes Glück! KREON. Ich hörte nichts, verstand nichts - geh die Stadt zugrunde! TEIRESIAS. Der Mann ist völlig umgewandelt. Er weicht aus. KREON. Leb wohl! Ich brauche deine Göttersprüche nicht. TEIRESIAS. Ist denn die Wahrheit tot, weil du im Unglück stehst? KREON wirft sich vor Teiresias nieder. Bei deinen Knien, du, dem würdig grauen Haar... TEIRESIAS. Du bittest mich? Du flehst um unvermeidlich Unheil! KREON. So schweig! Teil nicht den Bürgern diese Worte mit! TEIRESIAS. Du forderst zum Verrat mich auf. Ich darf nicht schweigen. KREON steht auf. Was willst du antun mir? Ermorden meinen Sohn? TEIRESIAS. Das führen andre aus - ich mußte es nur sagen. KREON. Woher kam über mich und meinen Sohn dies Unglück? TEIRESIAS. Mit Recht fragst du mich und verlangst nach der Begründung. In jener Höhle, wo der erdentsproßne Drache der Wächter ward von Dirkes Quell, Auf Menoikeus weisend. muß er, geopfert, sein Blut als Spende für das Kadmosland vergießen, wie es der alte Groll des Ares fordert, der den Tod des erdentsproßnen Drachens rächen will. Hierdurch sollt Ares ihr als Kampfgenoß gewinnen. Und wenn die Erde Frucht für Frucht und Menschenblut für Menschenblut erhält, so werdet gnädig ihr sie finden, die euch einst die goldbehelmte Saat der Sparten wachsen ließ. Vom Stamm, der aus den Zähnen des Drachen keimte, muß das Opfer sein, ein Knabe. Dich haben wir noch übrig vom Geschlecht der Sparten, von reinem Blut, der Mutter und des Vaters Seite, und deine Kinder. Haimons Bindung nun verbietet sein Opfer. Denn er ist nicht unvermählt. Schloß er die Ehe auch noch nicht, so hat er doch ein Weib. Dies Fohlen aber, unsrer Stadt geweiht, wird durch den Tod das Vaterland erretten. Für Adrastos und die Argeier wird es bittre Heimkehr schaffen - weil ihre Augen es mit Sterbensnacht umhüllt -, für Theben Ruhm. Von diesen beiden Losen wähle dir eins: Den Sohn errette oder deine Stadt! Nun weißt du alles, was ich zu verkünden habe. Führ mich nach Haus, mein Kind! Wer die Prophetenkunst betreibt, ist töricht: Sagt er Unglück an, verletzt er jene, denen er Orakel gibt; belügt aus Mitleid er, die ihn befragen, sündigt er am Götterrat. Den Menschen sollte Phoibos nur Orakel geben, er, der keinen fürchten muß! Mit seiner Tochter ab. CHORFÜHRERIN. Was schweigst du, Kreon, hast den Mund verstummen lassen? Auch mich hat ja der Schreck nicht weniger getroffen. KREON. Was soll man da noch sagen? Offen ist mein Denken. Nie werde ich zu solcher Untat mich versteigen, mein Kind zu schlachten, für die Stadt es hinzuopfern. Es haben alle Menschen ihre Kinder lieb, und keiner gäbe seinen Sohn dem Tode preis. Mich braucht ein Mörder meiner Kinder nicht zu rühmen. Ich selbst will - denn ich stehe schon im Herbst des Lebens -, den Tod erleiden, Sühneopfer für die Heimat. Doch auf, Kind, ehe es die ganze Stadt erfährt, laß hinter dir die übertriebenen Orakel, entflieh so schnell wie möglich, fort aus diesem Land! Er wird es den Behörden melden und den Feldherrn, wenn zu den sieben Toren und den Führern er gekommen. Sind wir schneller, ist es deine Rettung, doch säumest du, sind wir verloren, mußt du sterben. MENOIKEUS. Wo flieh ich hin? In welche Stadt? Zu welchem Gastfreund? KREON. Wo du am weitesten von diesem Land entfernt bist. MENOIKEUS. So mußt du mir den Weg erklären, der zu gehen. KREON. Durch Delphi... MENOIKEUS. Wohin, Vater, soll ich dann mich wenden? KREON. Zum Land Aitolien. MENOIKEUS. Wohin zieh ich von dort? KREON. Bis nach Thesprotien. MENOIKEUS. Dodonas heil'gem Boden? KREON. Jawohl. MENOIKEUS. Und welch ein Schutz wird da zuteil mir werden? KREON. Der Daimon wird dich leiten. MENOIKEUS. Woher nehm ich Geld? KREON. Ich werde Geld besorgen. MENOIKEUS. Du sprichst gut, mein Vater. Nun mach dich auf! Ich will zu deiner Schwester gehen, an deren Brust zuerst ich sog - Iokaste mein ich -, beraubt der Mutter, ein vereinsamt Waisenkind, mein Lebewohl ihr bringen, dann mein Leben retten. So geh doch, gehe schon! Du sollst mich nicht behindern. Kreon ab. Ihr Frauen, listig nahm dem Vater ich die Furcht, hab ihn getäuscht, um zu erreichen, was ich wünsche. Er will mich retten, unsrer Stadt den Sieg entziehend, gibt mich der Schmach der Feigheit preis. Verzeihlich zwar ist dies dem Greis, doch ich erlange nicht Verzeihung, ward ich Verräter an der Heimat, die mich zeugte. Erfahrt es nun: Ich werde gehn, die Stadt erretten, das Leben opfern, sterben für mein Vaterland. Es wäre schändlich: Andre, ohne Götterweisung und nicht dem Zwange der Daimonen unterworfen, stehn da im Waffenschmuck und scheuen nicht den Tod, vor ihren Mauern streitend für die Vaterstadt - doch ich verrate meinen Vater, meinen Bruder und meine Stadt, und schleiche wie ein Feigling fort! Wo ich auch lebe, muß erbärmlich ich erscheinen. Beim Zeus, der unter Sternen thront, beim blut'gen Ares, der einst die Sparten, als dem Boden sie entsprossen, zu Herren dieses Landes eingesetzt: Ich breche nun auf, will auf der höchsten Zinne selbst mein Blut vergießen in die tiefe, düstre Drachenkluft, wo mir der Seher es gewiesen, und dadurch das Land befreien. Ausgesprochen ist mein Plan. Ich gehe, meinen ehrenvollen Tod der Stadt zu weihen, will das Land von seiner Not erlösen. Ja, nähm ein jeder, wie er kann, ein gutes Werk sich vor, vollzöge es und opferte es für das Vaterland - die Städte würden mindre Not erleiden, könnten für die Zukunft glücklich sein! [Euripides: Die Phoinikerinnen. Dichtung der Antike von Homer bis Nonnos, S. 3701 (vgl. Euripides-W Bd. 2, S. 329 ff.) (c) Aufbau-Verlag] …… Eine Generation später wollten die Söhne der „Sieben gegen Theben“, die Epigonoi, Rache und zogen gegen Theben. Teresias prophezeite Laodamas den Untergang der Stadt und veranlasste, dass die Bevölkerung in der Nacht heimlich die Stadt verließ und sich damit rettete. ……. Sein Ende fand der große Seher auf dieser Flucht aus Theben. Pausanias 9.33.1: "Das Tilphousiongebirge und die Tilphousa genannte Quelle sind gegen 50 Stadie von Haliartos entfernt. Von den Griechen wird erzählt, daß die Argiver mit den Söhnen des Polyneikes nach der Eroberung von Theben außer anderer Beute auch Teiresias nach Delphoi zum Gott brachten, und er habe, da er durstig war, unterwegs von der Tilphousa getrunken und dabei sein Leben aufgegeben; so befindet sich sein Grab bei der Quelle." (Pausanias: Reisen in Griechenland. Band 3: Athen, die Bücher VIII - X in der Übersetzung von Ernst Meyer. Düsseldorf / Zürich: Artemis & Winkler Verlag, 2001.) Sein Grab entwickelte sich zu einem Orakelort. Pausanias 7,3,1 berichtet: „Als dann Theresandros, des Polyneikes Sohn, und die Argiver Theben eroberten, wurde zusammen mit den Gefangenen auch Manto zu Apollon nach Delphoi gebracht. Den Teiresias ereilte der Tod unterwegs im haliartischen Gebiet.“ ….. Teresias behielt im Reich des Todes, ein Geschenk des Athena, als einziger den Verstand und sein Bewusstsein. Als Odysseus bei seiner „Odyssee“ in das Reich des Hades kam prophezeite ihm Teresias seine Irrfahrten, seine glückliche Heimkunft und gab ihm einige Ratschläge; Homer Odyssee 11,90ff: „Endlich erschien die Seele des Sehers aus Theben, mit goldnem Stabe. Sogleich erkannte er mich und begann mit den Worten: 'Zeusentsprossener Sohn des Laërtes, kluger Odysseus, warum kamest du, Elender, aus dem Glanze der Sonne hierher, die Toten zu schauen und die Stätte des Grauens? Weich von der Grube zurück, halt fern die schneidende Klinge! Trinken will ich vom Blut und aufrichtig Auskunft dir geben.' Derart sprach er. Ich trat zurück und barg in der Scheide mein mit Silber beschlagenes Schwert. Der kundige Seher trank vom düsteren Blut und erteilte mir dieses Orakel: 'Glückliche Heimkehr erstrebst du, ruhmbedeckter Odysseus. Doch dir wird ein Gott sie erschweren. Dem Träger der Erde wirst du kaum je entrinnen, er grollt dir, in bitterem Zorne, weil du seinem geliebten Sohne das Augenlicht raubtest. Aber ihr würdet, trotz schwerer Mühsal, die Heimat erreichen, wärst du entschlossen, dich selbst und deine Gefährten zu zügeln, wenn du dem veilchenfarbenen Meere entrinnst und mit eurem trefflich gezimmerten Schiff auf der Insel Thrinakia landest, dort auf der Weide ihr antrefft die Rinder und stattlichen Schafe, die dem Helios zugehören, dem Gotte, der alles sieht und vernimmt. Verschonst du die Tiere, betreibst nur die Heimfahrt, werdet ihr Ithaka, wenn auch nach bitteren Leiden, erreichen; rührst du sie an, so sage ich dir, dem Schiff und den Freunden Unheil voraus. Und solltest du selber tatsächlich entkommen, wirst du spät erst heimkehren, elend und ohne Gefährten, fahrend auf fremdem Schiff, und zu Hause Unglück nur treffen, maßlose Zecher, die dein Vermögen verprassen und deine göttliche schöne Gemahlin mit Freiersgaben umwerben. Ihre Gewalttaten wirst du, heimgekehrt, freilich bestrafen. Hast du jedoch die Freier durch einen listigen Anschlag oder auch offen, mit blankem Schwert, im Palaste erschlagen, nimm dir ein handliches Ruder und pilgere über die Erde, bis du das Land der Menschen erreichst, die vom Meere nichts wissen und auch niemals mit Salz gewürzte Speisen verzehren, keinerlei Kenntnis besitzen von Schiffen mit rötlichem Steven oder von handlichen Rudern, den Flügeln der eilenden Schiffe. Deutlich will ich das Ziel dir beschreiben, du sollst es behalten. Wenn dich ein Wanderer trifft auf dem Weg und behauptet, du trügest einen mächtigen Löffel auf deiner stattlichen Schulter, ramme sogleich das handliche Ruder fest in den Boden, bringe dem Herrscher des Meeres, Poseidon, köstliche Opfer, Widder und Stier, den Eber dazu, den Bespringer der Säue, kehre dann heim und opfere nochmals üppig und festlich den Unsterblichen, die den weiten Himmel bewohnen, allen der Reihe nach. Und schließlich wird dich ein sanfter Tod überkommen, ferne dem Meere, während in reichem, seligem Alter die Kräfte dir schwinden und ringsum die Völker glücklich gedeihen. Dies sage ich dir, der Wahrheit entsprechend.' So prophezeite er mir. Ich gab ihm Antwort und sagte: 'Das, Teiresias, haben die Götter wohl selbst mir beschieden. Aber so sprich und erteile untrüglich mir Auskunft: Ich sehe hier die kraftlose Seele meiner verstorbenen Mutter. Schweigend verweilt sie nahe dem Blut, doch wagt sie dem eignen Sohn nicht ins Antlitz zu schauen, noch wagt sie, ein Wort ihm zu sagen. Wie vermag sie, Gebieter, in mir den Sohn zu erkennen?' Derart fragte ich. Gleich erteilte mir Antwort der Seher: 'Leicht zu befolgen ist der Ratschlag, den ich dir gebe. Jegliche Seele der Toten, der du den Zutritt zum Blute ruhig gestattest, wird dir untrügliche Wahrheit berichten. Der du es aber verwehrst, die wird sich wieder entfernen.' Damit begab sich die Seele des Fürsten Teiresias eilig in den Hades zurück, nachdem sie die Zukunft verkündet.“ [Homer: Odyssee. Dichtung der Antike von Homer bis Nonnos, S. 5721 (vgl. Homer-W Bd. 2, S. 166 ff.) (c) Aufbau-Verlag]